Untreue

  • Strafkammer LG Berlin, Pressemitteilung Nr. 17/2011 vom 14.02.2011

    Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war der Vorwurf der Untreue gem. § 266 I StGB zu Lasten von fünf ehemaligen Mitgliedern der Geschäftsleitung und sieben ehemaligen Mitgliedern des Aufsichtsrates der Immobilen und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG).
    Nachdem das Verfahren vom Bundesverfassungsgericht an das LG Berlin zurückverwiesen wurde, befasste sich dieses erneut mit dem Fall und prüfte den konkreten Schaden bei der als riskant eingestuften Kreditvergabe.
    Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten vor, dass sie die im Gegenzug für die langfristig abgegebenen Mietgarantien über 25 Jahre vereinnahmten Mietgarantieprovisionen nicht ausreichend kalkuliert und des Weiteren das Fondgeschäft mit einem unzureichenden Risikocontrolling betrieben hätten.

    Die Strafkammer sprach alle Angeklagten frei. Dieser Freisprüche basierten auf der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 23. Juni 2010, Az.: 2 BvR 491/09) zum Tatbestand der Untreue.

    Nach Ansicht der Strafkammer sei das Verhalten der Angeklagten bei den Fondschließungen im Ergebnis trotz Mängeln in der Kalkulation der Mietgarantiegebühren als insgesamt nicht pflichtwidrig einzustufen. Die Beweisaufnahme habe zudem ergeben, dass die Gesellschafterinnen der IBG (die LBB, die Berliner Bank, die BerlinHyp und die Bankgesellschaft Berlin AG) in Kenntnis der Risiken der Fortsetzung der LBB-Fonds-Reihe zugestimmt hätten. Diese Zustimmung sei nicht pflichtwidrig und schließe insoweit den Tatbestand der Untreue gem. § 266 I StGB aus.

    Die Staatsanwaltschaft Berlin kündigte indes bereits an, die Revision einzulegen. Dies begründete sie damit, dass die Beweisaufnahme in Ansehung der Schadensproblematik zu früh beendet worden sei.

  • Strafrecht / Verfassungsbeschwerde / Untreue
    2. Senat des Bundesverfassungsgerichts, Az.: 2 BvR 2559/08; 2 BvR 105/09; 2 BvR 491/09

    Hierbei handelt es sich um eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Voraussetzungen für strafrechtliche Verurteilungen wegen Untreue gem. § 266 StGB unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebotes des Art. 103 Abs. 2 GG. Es handelte sich um drei miteinander verbundene Verfahren. Die drei Beschwerdeführer waren jeweils wegen Untreue verurteilt worden und der Ansicht, dass der weit gefasste Straftatbestand der Untreue gegen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes verstoße.

    (1) Nach den Feststellungen des Tatgerichts verwaltete der Beschwerdeführer im ersten Verfahren als Bereichsvorstand der Fa. Siemens AG Gelder aus „schwarzen Kassen“. Dadurch entzog er den zuständigen Unternehmensorganen den Zugriff auf diese Gelder und verwendete sie später zum Zweck der Bestechung.

    (2) Beim zweiten Verfahren handelte es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Vorstand einer Betriebskrankenkasse. Dieser schädigte nach den Feststellungen des Tatgerichts das Vermögen der Betriebskrankenkasse dadurch, dass er Angestellten der Krankenkasse über viele Jahre hinweg, zusätzlich zu deren Gehalt und der Vergütung geleisteter Überstunden Prämien in erheblicher Höhe bewilligte und so den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritt.

    (3) Bei den Beschwerdeführern im dritten Verfahren handelte es sich um Vorstandsmitglieder der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank A. Nach Feststellung des Tatgerichts sollen diese unter Verletzung ihrer der Bank gegenüber bestehenden Informations- und Prüfungspflichten, einen nicht ausreichend gesicherten Kredit für den Bau und die Modernisierung von Plattenbauwohnungen über knapp 20 Mio. DM bewilligt und ausgezahlt haben.

    Alle Beschwerdeführer wurden wegen Untreue gem. § 266 StGB zu Bewährungsstrafen verurteilt.

    Der 2. Senat erachtete die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer 1 und 2 als nicht begründet. Hinsichtlich des Beschwerdeführers 3 erachtete es die Verfassungsbeschwerde als begründet, da das Urteil gegen ihn nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung des § 266 I StGB entspreche. Es sei nicht auszuschließen, dass die Verurteilung der Beschwerdeführer auf diesem Verstoß beruhe.

    Nach Ansicht des 2. Senats sei der Tatbestand des § 266 I StGB mit der Verfassung zu vereinbaren. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot liege nicht vor. Verfassungsrechtliche Bedenken, welche die Weite eines Straftatbestandes bei isolierter Betrachtung auslösen müsste, könnten durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung entkräftet werden. Daher hält der 2. Senat die Rechtsprechung dazu an, bei verbleibenden Unklarheiten über den Abwendungsbereich, diese durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung auszuräumen. Aufgrund des in Art. 103 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommenden strengen Gesetzesvorbehalts sei die Kontrolldichte bezüglich der Rechtsanwendung durch die Fachgerichte im Bereich des materiellen Strafrechts erhöht. Das Regelungskonzept des Gesetzgebers habe zwar zu einer sehr weit gefassten und verhältnismäßig unscharfen Vorschrift geführt, dies sei jedoch zum einen dem Interesse eines wirksamen und umfassenden Vermögensschutzes geschuldet und zum anderen sei § 266 I StGB das zu schützende Rechtsgut klar zu entnehmen. Der Tatbestand des § 266 I StGB lasse eine konkretisierende Auslegung zu. Diese sei von der Rechtsprechung in langjähriger Praxis umgesetzt worden und habe sich so in ihrer tatbestandsbegrenzenden Funktion als grundsätzlich tragfähig erwiesen.

    Diesen vom 2. Senat aufgestellten Anforderungen genügten die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer 1 und 2 nicht. Hinsichtlich des Beschwerdeführers 2 sei eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 2 GG geschehen.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    Die Auslegung und Anwendung des Nachteilsmerkmals durch das LG Berlin erweist sich dagegen als verfassungswidrig. Bei der Feststellung eines Vermögensnachteils hat die Strafkammer auf die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens zurückgegriffen. Diese dogmatische Konstruktion ist unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots zwar nicht grundsätzlich zu beanstanden, doch müssen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung des Untreuetatbestands (hier: des Nachteilsmerkmals) auch fallbezogen gewahrt bleiben.

    Der Dogmatik der schadensgleichen Vermögensgefährdung oder des Gefährdungsschadens liegt die Annahme zugrunde, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung unter bestimmten Umständen bereits die Gefahr eines zukünftigen Verlusts eine gegenwärtige Minderung des Vermögenswerts und damit einen vollendeten Schaden oder Nachteil im Sinne der §§ 263, 266 StGB darstellen kann (vgl. RGSt 16, 1, 11).

    Auch wenn mithin keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Anwendung der dogmatischen Figur des Gefährdungsschadens auf den Untreuetatbestand, auch und gerade in Fällen der Kreditvergabe, bestehen, so ist doch festzustellen, dass damit die Gefahr einer Überdehnung des Tatbestands in erhöhtem Maße verbunden ist.

    Die Entscheidungen des LG und des BGH verletzen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 II GG, weil sie im vorliegenden Fall einen Vermögensschaden angenommen haben, obwohl keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Feststellungen zu dem Nachteil getroffen wurden, der durch die pflichtwidrige Kreditvergabe der Beschwerdeführer verursacht worden sein könnte.

    Der Senat verwies daher das Verfahren des Beschwerdeführers 3 an das LG Berlin zurück, um den konkreten Schaden bei der riskanten Kreditvergabe über rund zehn Millionen Euro zu beziffern.

  • 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 2 StR – 111/09

    Das Landgericht hat den Angeklagte F. wegen Beihilfe zur Untreue in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und angeordnet, dass hiervon neun Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Den Angeklagten M. hat es wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon wegen überlanger Verfahrensdauer acht Monate als vollstreckt gelten.
    Dagegen legte beide Angeklagten Revision ein. Diese wurde vom 2. Strafsenat als unbegründet verworfen.

    Der 2. Strafsenat erachtete die Feststellungen des Landgerichts als zutreffend und die Verurteilung der Angeklagten tragend.

    „Das Landgericht hat das Handeln die Angeklagten jeweils als Beihilfe zur Untreue des Haupttäters T. zum Nachteil der T. GmbH bzw. der T. AG bewertet. Dieser habe seine gegenüber der Treugeberin bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er die einzelnen Zahlungen zur Einrichtung und Auffüllung der schwarzen Kasse bei der S. AG in der Schweiz ohne Einverständnis der Mitgesellschafterin RWE bewirkt habe, um die transferierten Gelder eigenmächtig und unkontrolliert nach seinem persönlichen Gutdünken unter Ausschluss der gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen verwenden zu können. Hierdurch habe er dem Unternehmen beträchtliche Vermögenswerte entzogen und sie so in die konkrete Gefahr eines endgültigen Verlustes gebracht.

    Diese Gefahr habe sich zum einen aus den vielfachen unkontrollierten Zugriffmöglichkeiten dritter Personen ergeben, zum anderen aus dem Umstand, dass ein etwaiger Verlust wegen der fehlenden bzw. absichtlich unzutreffenden Dokumentation der Zahlungsabflüsse und wegen etwaiger steuerstrafrechtlicher Konsequenzen mit rechtlichen Mitteln kaum erfolgreich habe verfolgt werden können. Den Betrieb der schwarzen Kasse hätten die Angeklagten durch konkrete eigene Untersuchungshandlungen individuell gefördert. Dabei sei es unerheblich, dass die Mittel nach der Vorstellung T. und der Angeklagten letztlich dem T.-Konzern über die Generierung von Umständen durch „nützliche Aufwendungen“ zugute kommen sollten, weil dadurch die Möglichkeit eines endgültigen Vermögensverlusts nicht berührt und zudem ein nicht unbeachtlicher Teil der Gelder durch die Kosten aufgezehrt worden sei.  [..]

    Die Einrichtung und Unterhaltung einer „Kriegskasse“ im Ausland verletzte in gravierender Weise die von T. zu beachtende Sorgfalt in beiderlei Hinsicht.
    Zugleich verletzte T. damit die ihm nach § 41 GmbHG, § 91 AktG obliegende Verpflichtung, für die ordnungsmäßige Buchführung der Muttergesellschaft zu sorgen, was auch die Konzernbuchhaltung für die zum Konsolidierungskreis des T.-Konzerns gehörenden Tochterunternehmen U. und I. einschloss (§ 290 HGB).
    An einer wirksamen Einwilligung der Treugeberin, welche eine Pflichtwidrigkeit möglicherweise hätte ausschließen können (vgl. BGHSt 52, 323, 335 Rn. 40), fehlte es.

    Die Revisionen meinen, schon allein das Einverständnis des Mehrheitsgesellschafters in die pflichtwidrige Handlung des Geschäftsführers entfalte eine den Tatbestand der Untreue ausschließende Wirkung unabhängig davon, ob überhaupt eine Willensbildung aller Gesellschafter erfolgt sei; sie folgern dies aus den auch sonst dem Mehrheitsprinzip folgenden Willensbildungsregeln des GmbH-Rechts (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Nach der neueren Rspr. des BGH kommt jedoch nur dem Einverständnis sämtlicher Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einem (Mehrheits)-Beschluss des die Gesamtheit der Gesellschafter repräsentierenden Gesellschaftsorgans (so BGHsT 50, 331, 342 [= StV 2006, 301] betr. die Aktiengesellschaft; noch enger Krekeler/Werner, Unternehmer und Strafrecht, 2006: stets Einverständnis aller Gesellschafter erforderlich) Tatbestandsausschließende Wirkung zu. Ob nur Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter tatbestandsausschließende Wirkung beigemessen werden kann, die im Wege eines förmlichen Beschlusses herbeigeführt worden sind oder ob tatbestandsausschließende Wirkung auch solchen Mehrheitsentscheidungen zukommt, die nicht unter Einhaltung der Formalien der §§ 47 ff, GmbHG getroffen worden sind bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. [..]“

    Der Senat hat die Revisionen verworfen und das Urteil aufrechterhalten.


  • 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 1 StR 220/09

    Das Landgericht hat den Angeklagten S. der Beihilfe zur Untreue mit Betrug in vier hierzu tateinheitlichen Fällen, schuldig gesprochen und ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen legte der Angeklagte S. Revision ein.
    Den nicht revidierenden Mitangeklagten Fe. hat das Landgericht wegen Untreue, zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.

    Das LG hat die Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Verwendung für die Tätigkeit der AUB seitens des Mitangeklagten Fe. als Untreue und als Beihilfe hierzu durch den Angeklagten S. angesehen. Durch die Zahlungen habe der Mitangeklagte Fe. gegen die Vorschrift des § 119 BetrVG verstoßen und dadurch die ihm gegenüber der Siemens AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Der Siemens AG sei hierdurch ein Vermögensnachteil in Höhe der gezahlten 30,3 Millionen Euro entstanden, weil den Zahlungen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil der Siemens AG gegenüber gestanden habe.

    Der 1. Strafsenat beschränkt die Strafverfolgung auf den Straftatbestand des Betrugs. Für den Vorwurf der Untreu reichten die Feststellungen des Landgerichts nicht aus.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Selbst wenn noch weitere Feststellungen sollten getroffen werden können, erscheint es fraglich, ob diese einen Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue rechfertigen könnten. Die Verfahrensbeschränkung ist daher aus ökonomischen Gründen angebracht.

    Der Senat hat nämlich Bedenken, ob der Mitangeklagte Fe. dem Vermögen der Siemens AG einen Vermögensnachteil zugefügt hat, indem er die verfahrensgegenständlichen Zahlungen in der konkreten An und Weise veranlasste. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue.
    Es erscheint fraglich, ob der Mitangeklagte Fe. dadurch pflichtwidrig i.S.v. § 266 SIGB gehandelt hat, dass er unter Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die AUB finanziell förderte. [..]

    Im Hinblick auf die tatbestandliche Weite des § 266 Abs. 1 StGB kann daher nicht in jedem Verstoß gegen die Rechtsordnung auch eine i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevante Pflichtverletzung erblickt werden.
    Bei einer Aktiengesellschaft bestimmen sich Umfang und Grenzen der Vermögensbetreuungspflichten der Organe grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 76, 93, 1l6 AktG (vgl. BGH, Urteil. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04; BGHST 50, 331, 335 f. für den Aufsichtsrat [= StV 2006, 301]; BGH, Urteil v. 17.09.2009 -5 StR 521/08, BGHSt 54, 148 Rn. 36 für den Vorstand [= StV 2010,77]).
    [..]
    Die den Organen einer Aktiengesellschaft angehörenden Personen haben deshalb – auch gegenüber der Aktiengesellschaft selbst – die rechtlichen Pflichten und Vorgaben der Rechtsordnung einzuhalten (vgl. BGH, Urteil v. 15.11.1993 – II ZR 23/92, BGHZ 124, 111, 127; Spindler in Münch- Komm-AktG., 3. Aufl., S. 93 Rn. 63 ff). Die somit für die Organe einer Aktiengesellschaft bestehende Legalitätspflicht bedingt dass kein aktienrechtlich geschützter Handlungsspielraum für profitable Pflichtverletzungen besteht (vgl. Fleischer, ZIP 2005, 141, 145).
    Liegt der Verstoß gegen die §§ 93, 116 AktG allein darin, dass eine nicht vermögensschützende Norm außerhalb des Aktiengesetzes verletzt wird, führt dies nicht dazu, dass die Verletzung einer vermögensschützenden Norm im Sinne einer Pflichtverletzung gem. § 266 Abs. 1 StGB vorläge, nur weil die primär verletzte Pflicht durch die §§ 93, 116 AktG zu einer aktienrechtlichen Pflicht der Organe der Aktiengesellschaft wird. Denn auch die §§ 93, 116 AktG sind Vorschriften von erheblicher Unbestimmtheit und generalklauselartigem Charakter (BVerfG, Beschluss v. 23.06.2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 97). [..]

    Eine allein auf die Verletzung dieser Vorschriften abstellende Auslegung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGB wäre daher nicht geeignet, die verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung der Anwendung des Untreuetatbestands auf evidente Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken und damit den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren. [..]“

    Der 1. Strafsenat beschränkte die Strafverfolgung hinsichtlich des Angeklagten S. auf den Straftatbestand des Betrugs und fasste den Schuldspruch neu. Hinsichtlich des Untreuevorwurfs wurde das Urteil aufgehoben.


  • Nachdem wir Ihnen vor wenigen Wochen bereits einige neue Delikte mit dazugehörigen Seiten vorgestellt haben, möchten wir Sie über eine weitere neue Unterseite auf unser Kanzlei-Homepage informieren. Ab heute finden Sie auch eine Beschreibung des Missbrauchs von Scheck und Kreditkarten nach § 266b StGB. Das noch recht neue Straftatbestand soll die Strafbarkeitslücke zwischen dem Betrug gem. §263 StGB und der Untreue gem. § 266 StGB schließen und ist besonders bei den so genannten 3-Personen-Verhältnissen einschlägig, wenn der Täter die Scheck- oder Kreditkarte des Karteninhabers missbraucht und dadurch ein Vermögensschaden herbeiführt.

  • Der ehemalige Risikovorstand der BayernLB Gerhard Gribkowsky wurde in München verhaftet. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen ihn wegen Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung.
    Hintergrund sind 50 Millionen US-Dollar, welche in die „Sonnenschein Privatstiftung“ von Gribkowsky geflossen sind, deren Herkunft ungeklärt ist.

    2006 war Gribkowsky für den Verkauf von Anteilen einer Dachgesellschaft der Formel 1 zuständig. Die Anteile seien ohne vorherige Bewertung weiterverkauft worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er dafür die besagten Gelder getarnt über Beraterverträge erhalten habe. An einer Versteuerung der Gelder in Deutschland fehle es zudem auch.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 06.11.2011, S. 1)


  • Die Staatsanwaltschaft München ermittelt erneut gegen einen ehemaligen Manager der BayernLB. Bei den Ermittlungen geht es um 50 Millionen US-Dollar, die in die „Privatstiftung Sonnenschein“ zugunsten des ehemaligen Risikovorstands Gerhard Gribkowsky geflossen sind.

    Im Mai 2007 hatte Gribkowsky ohne Wissen der BayernLB in Salzburg die „Sonnenschein Privatstiftung“ gegründet und in einer Tochterfirma der Stiftung Gelder angelegt. Die Süddeutsche Zeitung vermutet, dass die Gelder aus Mauritius im Indischen Ozean und den Jungfraueninseln in der Karibik zugeflossen waren.
    Bisher steht die Staatsanwaltschaft am Anfang der Ermittlungen. Daher äußert sie sich derzeit noch nicht dazu woher das Geld stammen könnte. Auch inwieweit Gribkowsky vernommen wurde, als Beschuldigter oder als Zeuge, wird noch nicht offenbart.

    Laut der Süddeutschen Zeitung prüft die Staatsanwaltschaft insbesondere, ob die Gelder im Zusammenhang mit der Formel 1 geflossen sind. Gribkowsky hatte bei dem Verkauf der Vermarktungsrechte im Jahr 2005 eine zentrale Rolle gespielt.
    (Quelle: Süddeutsche.de vom 03.01.2011; Hamburger Abendblatt vom 04.01.2011, S. 23)


  • Die HSH Nordbank wurde von ihrer ehemaligen Sicherheitsfirma Prevent verklagt. Die Klage bezieht sich auf ausstehende Zahlungen in Höhe von 800.000,00 Euro.
    Die HSH Nordbank verteidigte sich dagegen. Aufgrund verschiedener Ungereimtheiten hinsichtlich Zahlungen an Prevent seien weitere Zahlungen, darunter auch die besagten 800.000,00 Euro, gestoppt worden. Zudem sei Strafanzeige gegen unbekannt gestellt worden wegen des Verdachts der Untreue und der Bestechung.
    Dem liegt der Streit der HSH Nordbank mit einem türkischen Reeder zugrunde. Hier hatte die HSH Nordbank Prevent eingeschaltet, um politische und wirtschaftliche Lobbyarbeit zu leisten. Hierfür soll Prevent mehr als 3 Mio. Euro Prämie erhalten haben. Nachdem die HSH Nordbank den Prozess gegen den türkischen Reeder jedoch verloren hatte, wollte sie diese Prämie zurückerstattet haben.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 13.12.2010, S. 10)


  • Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kulterer der notverstaatlichten Bank Hypo Group Alpe Adria, steht nun eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt bevor. Ihm wird in der Anklageschrift Untreue vorgeworfen. Hierbei handelt es sich insbesondere um zwei Vorwürfe. Zum einen soll er einen Kredit an die Fluggesellschaft Styrian Spirit, die später Konkurs angemeldet hat und zum anderen an einen Privatdetektiv vergeben haben.
    Des Weiteren muss sich Kulterer vor einem Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtages wegen Falschaussage verantworten.
    (Quelle: FAZ vom 05.11.2010 Nr. 258, S. 18)

  • 4. Strafsenat des BGH, Az.: 4 StR 182/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht Essen wegen Untreue in 110 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Ferner ist ihm die Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt für drei Jahre verboten worden. Außerdem ist er verurteilt worden, einen Betrag von Höhe von 172.301,68 Euro nebst Zinsen an die Adhäsionsklägerin zu zahlen. Gegen das Urteil legte der Angeklagte Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein, mit der er einen Teilerfolg erzielen kann.

    Wie das Landgericht feststellte, hat der Angeklagte am 10 Oktober 2006 von einem Girokonto bei der Sparkasse E. zweimal jeweils 8000 Euro auf sein eigenes Konto überwiesen und anschließend das Geld für eigene Zwecke verbraucht.

    Entgegen der Ansicht des Landgerichts stehen diese mehreren Überweisungen bzw. die Abholungen von dem Konto in einer natürlichen Handlungseinheit und sind nicht unterschiedliche Tathandlungen aufgrund eines neuen Tatentschlusses. Somit lassen sich diese zusammenfassen.

    So heißt es im Wortlaut des Beschlusses:

    „Danach stehen die jeweils am selben Tag vorgenommenen Überweisungen bzw. Barabhebungen jedenfalls in natürlicher Handlungseinheit. Eine solche liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 1. September 1994 – 4 StR 259/94, NStZ 1995, 46 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Barabhebungen bzw. Überweisungen erfolgten jeweils am selben Tag und betrafen auch jeweils dasselbe Girokonto der Geschädigten bei der Sparkasse E. , was nahe legt, dass der Angeklagte die Verfügungen jeweils zusammen erledigte und nicht auf Grund eines neuen Tatentschlusses handelte.“

    Folglich entfallen drei Einzelstrafen, drei weitere Einzelstrafen bleiben davon unberührt bestehen. Der Schuldausspruch ist dementsprechend vom Senat abgeändert worden.

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