BGH, Beschluss vom 23.03.2011, Az.: 2 StR 584/10
Das Landgericht Köln hat den Angeklagten wegen Mordes und wegen Totschlags zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte eine Frau, mit welcher er eine sexuelle Beziehung führte, aufgesucht. Dabei führte er eine geladene Pistole bei sich. In der Wohnung traf er das weitere Tatopfer an, mit welchem die Frau ebenfalls eine sexuelle Beziehung führte. Später tötete der Angeklagte beide Opfer mit Schüssen.
Laut Anklage hat sich der Mann zum Nachteil der Frau des Totschlags und zum Nachteil des Mannes des Mordes aus Heimtücke und mit Verdeckungsabsicht schuldig gemacht. Das Landgericht allerdings bejahte niedrige Beweggründe.
Dazu der BGH:
„Diese Verfahrensweise ist mit § 265 Abs. 1 StPO nicht zu vereinbaren. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass es eines förmlichen rechtlichen Hinweises auf das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe bedurfte. Ein solcher Hinweis muss nicht nur erteilt werden, wenn ein anderes Strafgesetz als das im Eröffnungsbeschluss genannte angewandt, sondern auch dann, wenn der Angeklagte wegen einer andersartigen Begehungsform desselben Strafgesetzes verurteilt werden soll (BGHSt 23, 95, 96). Das Schwurgericht muss deshalb regelmäßig darauf hinweisen, wenn es abweichend vom Anklagevorwurf wegen eines anderen Mordmerkmals verurteilen will (vgl. BGHSt 23, 95; 25, 287; Urteil vom 14. April 1953 – 1 StR 152/53). Mit Rücksicht auf den Regelungszweck des § 265 Abs. 1 StPO ist dies jedenfalls dann anzunehmen, wenn die in Betracht kommenden Begehungsformen sich in ihren objektiven und subjektiven Voraussetzungen so stark voneinander unterscheiden, dass eine umfassende Verteidigung des Angeklagten nur durch eine förmliche Unterrichtung gesichert werden kann. Das ist der Fall, wenn das Schwurgericht den Angeklagten wie hier abweichend vom Anklagevorwurf nicht aus dem Gesichtspunkt der Heimtücke, sondern dem der niedrigen Beweggründe wegen Mordes verurteilen will; dasselbe gilt beim Übergang vom Vorwurf des Tötens in Verdeckungsabsicht zum Vorwurf des Tötens aus Wut als niedrigem Beweggrund (BGHSt 25, 287, 289 f.).“
Der BGH stellt fest, dass der rechtliche Hinweis hier nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach, da er lediglich die Mordmerkmale aufzählte. Für den Angeklagten hätte erkennbar sein müssen, welche Umstände nach Auffassung des Gerichts Grundlage der neuen rechtlichen Bewertung sind. Auch die Änderung des Mordmerkmals bedarf des Hinweises durch das Gericht. Nur so ist der Angeklagte vor Überraschungen geschützt und nur so ist ihm eine umfassende Strafverteidigung möglich.