In der Musikbranche geht es teilweise hart zur Sache. In einem Presseinterview erklärte der Hamburger Musiker Jan Delay, er habe es nicht gut gefunden, dass der Volksmusikstar Heino ein Lied seiner damaligen Band „Absolute Beginner“ gecovert habe.
Als Begründung erklärte der Musiker, er halte Heino für einen „Nazi“ halten. Dabei bezog er sich vor allem auf Heinos Liedtexte wie „schwarzbraun ist die Haselnuss“ und dessen Auftritt in Südafrika im Schatten der Apartheit.
Der Fall „Edathy“ rückte die „Grauzone“ zwischen legalen Posing-Bildern und strafbarer Kinderpornografie in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Bundesregierung will nun die Gesetze verschärfen und dabei nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene vor der Veröffentlichung und Weitergabe von Nacktbildern schützen. Denn häufig finden auch Erwachsene gegen ihren Willen Nacktfotos von sich im Internet, nicht selten veröffentlicht vom Ex-Partner oder Lover.
Für eine rechtstaatliche Verteidigung muss die freie Kommunikation zwischen Strafverteidiger und Mandanten garantiert werden. Dazu gehören nicht nur die persönliche oder schriftliche Kommunikation, sondern auch Gespräche per Telefon oder Handy.
Ab wann liegt eine ehrverletzende Äußerung vor? Diese Frage stellen sich die Gerichte immer wieder. Nicht nur im Strafrecht, bei dem es dann regelmäßig um den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB), üblen Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) geht, sondern auch im Zivilrecht. Sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht muss dagegen immer die Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG beachtet werden.
Was Gerichte als Beleidigung werten und was nicht, ist selbst für einen Strafverteidiger häufig nicht einfach vorherzusagen. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich sehr uneinheitlich und häufig können kleinste Details im konkreten Fall die Strafbarkeit beeinflussen.
Vor allem bei Beleidigungen gegen Polizeibeamte gibt es eine große Anzahl an Urteilen.
Für die Beurteilung wichtig ist vor allem die Frage, ob es sich schon um eine strafbare Schmähkritik oder noch um freie Meinungsäußerung handelt.
Auf Demonstrationen ist es heutzutage üblich, dass die Polizei Videoaufzeichnungen macht. Dies dient unter anderem auch dazu, um spätere Gewalttäter zur Rechenschaft ziehen zu können. Die spannende Frage: Darf man auch die Polizei filmen?
Bei einem geringen Tatverdacht ist die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung einer HIV-Infizierung unverhältnismäßig.
Die Beschuldigten wurden verdächtigt, dass sie durch ungeschützten Geschlechtsverkehr den Anzeigeerstatter mit HIV infizierten. Der Anzeigeerstatter erhielt die Diagnose nach einer Blutspende. Die Beschuldigten bestritten selbst HIV-Positiv zu sein. Der Mann konnte jedoch glaubhaft machen, dass er sich nicht anders infiziert haben konnte. Deswegen ordnete das Amtsgericht Aurich gegenüber den beiden Beschuldigten gemäß § 81a StPO die Entnahme einer Blutprobe und dem Vergleich der Virussubtypen an. Die Beschwerde richtet sich gegen diese Beschlüsse.
Das Landgericht Aurich (LG Aurich) sieht die Voraussetzungen des § 81a StPO als nicht gegeben an. So sei die Blutentnahme nicht „von Bedeutung“ im Sinne des § 81a Abs. 1 Satz 1 StPO, ebenfalls wäre die Blutentnahme darüber hinaus unverhältnismäßig angesichts der Schwere des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
So kritisiert das Landgericht, dass der Anzeigeerstatter selbst noch gar keinen positiven HIV-Test vorgewiesen habe. Zusätzlich würden positive Ergebnisse bei den Beschuldigten auch nicht belegen, dass diese den Anzeigeerstatter angesteckt hätten. Ebenfalls hätten die Beschuldigten für eine vom Vorsatz umfasste Straftat von ihrer Infektion auch selber wissen müssen, was jedenfalls durch einen Test ebenfalls nicht zu belegen sei.
Somit kommt, wenn überhaupt, nur eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne des § 229 StGB in Betracht. Aber auch hier ergeben sich schon bedenken, ob ein HIV-Test für den Nachweis überhaupt geeignet sein kann. Immerhin kann die Infektion auch anders erlangt worden sein. Zusätzlich wäre die Anordnung auch nicht angemessen:
„Das hierbei zu berücksichtigende Individualinteresse an der Nichtaufklärung über die eigene Infektiosität hat zwar grundsätzlich dem höherwertigen Rechtsgut „Gesundheitsschutz der Allgemeinheit“ zu weichen (Mayer JR 1990, 358, 360; Penning/Spann, MedR 1987, 171, 173). Im Anwendungsbereich der §§ 81a, 81c StPO ist der Gesundheitsschutz der Allgemeinheit im Hinblick auf die Zulässigkeit des Eingriffs indes kein zu beachtendes Rechtsgut; gegenüber den Grundrechten des von dem Eingriff Betroffenen – hier der Beschuldigten – auf Schutz der Privat- und Intimsphäre nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und der körperlichen Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG darf – wenn es um die Zulässigkeit des Eingriffs geht – lediglich das Aufklärungsinteresse des Staates an Straftaten in die Abwägung einbezogen werden (zutreffend Mayer JR 1990, 358, 360 m.w.N.).“
Darüber hinaus gibt das Landgericht zu bedenken, dass alleine die Kenntnis einer möglichen HIV-Infektiosität bei den Beschuldigten eine schwere seelische Beeinträchtigung bis hin zur Suizidalität auslösen könnte. Aufgrund aller dieser Umstände hat die Beschwerde Erfolg und die Beschlüsse des Amtsgericht Aurich zur Entnahme einer Blutprobe werden aufgehoben.
LG Aurich, Beschluss vom 30. Juli 2012, Az.: 12 Qs 97/12
Nachtrag/Anmerkung: 17.01.2015 (fob):
Die amerikanische Forensik scheint bezüglich der HIV-Forschung und -Nachweise bereits ein bisschen weiter zu sein. Medienberichten zu Folge soll es in den USA (Texas) durchaus bereits gelungen sein, unbeabsichtigte und sogar eine beabsichtigte HIV-Infektion durch Übertragung des HIV-Virus mit Hilfe einer Spritze nachzuweisen. Basierend auf DNA-Studien soll es den amerikanischen Wissenschaftlern gelungen und wiederholbar möglich sein, genspezifische Weiterentwicklungen von Spender- und Empfänger-Virus so eindeutig nachzuweisen, dass eine Fremdansteckung nahezu vollständig ausgeschlossen werden kann und konnte.
Bei Kenntnis der offenbar (doch) recht eindeutigen Nachweismöglichkeit für die Vererbungskette des (gleichen) HIV-Virus im Blut des Spenders und Empfängers, wäre das Landgericht Aurich möglicherweise (heute) zu einem anderen Urteil gekommen, da die Blutentnahme dann vermutlich sehr wohl „von Bedeutung“ gewesen wäre.
Die Änderungen bezüglich der heimlichen Erhebung von Daten verstoßen gegen die Thüringer Verfassung
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof (ThürVerfGH) hat einstimmig die Änderungen des Polizeiaufgabengesetzes im Jahr 2008 für überwiegend nicht vereinbar mit der Thüringer Verfassung erklärt. Bei den Änderungen ging es insbesondere um Befugnisse der Polizei zur heimlichen Erhebung von Daten. So beinhaltet dieses zum Beispiel die Telefonüberwachung, das Verwanzen von Wohnungen und den Einsatz verdeckter Ermittler.
Der Verfassungsgerichtshof kritisiert vor allem, dass der Grundsatz der Normenklarheit nicht hinreichend beachtet wurde. So bleibe unklar, inwieweit Berufsgeheimnisträger von den polizeilichen Maßnahmen ausgenommen seien. Auch sieht das Gesetz keine Vorschrift vor, die einen Abbruch der Überwachung vorschreibt, sobald der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist. Dies gebietet jedoch der Schutz der Menschenwürde und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.
Ebenfalls wird kritisiert, dass das Gesetz die nachträgliche Benachrichtigung einer heimlichen Überwachung dann für entbehrlich hält, wenn der verdeckte Ermittler zukünftig erneut eingesetzt werden soll. Die Richter sehen in dem Benachrichtigungsrecht jedoch einen grundrechtlich gesicherten Anspruch. Ausnahmen davon müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.
Bis zum 30. September 2013 hat der Gesetzgeber nun Zeit eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die Normen weiterhin nach Maßgabe der Urteilsgründe angewandt werden.
ThürVerfGH, Urteil vom 21. November 2012, Az.: 19/09
Quelle: Pressemitteilung vom Nr. 182/2012 vom 30.10.2012
Der unter anderem für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des BGH (Bundesgerichtshof) hat vorgestern entschieden, dass die Meldung im Online-Archiv eines Internetangebots einer Nachrichtenzeitung über das Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versichung gegen einen Manager von Gazprom Germania GmbH zulässig sei, weil das öffentliche Informationsinteresse gegenüber dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen in diesem Fall überwiegen würde.
Auszug aus der Pressemitteilung:
Meldung im „Online-Archiv“ über Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung
gegen Gazprom-Manager zulässig
Der Kläger ist „Direktor Finanzen und Controlling“ der Gazprom Germania GmbH. Von Ende 1985 bis Ende 1989 war er aufgrund einer eigenhändig verfassten Verpflichtungserklärung als „Offizier im besonderen Einsatz“ für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig, wofür er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, „niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit“ gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren nach Zahlung eines Geldbetrags gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt.
Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort hält sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6. Mai 2008 datierten Artikel zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Klägers über dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enthält einen „Nachtrag“, in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2. Oktober 2008 gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt wurde.
Der Kläger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Auf die Revision der Beklagten hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Zwar liegt in dem Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet ein Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig, da das Schutzinteresse des Klägers hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten hat.
Die namentliche Bezeichnung des Klägers in dem streitgegenständlichen Beitrag war zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig. In dem Beitrag wird wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat begründeten ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses sind die die Besonderheiten des Streitfalles, insbesondere die nunmehrige Funktion des Klägers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und sie damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet.
Das Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf ist auch weder durch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO noch infolge des Abmahnschreibens des Klägers vom 7. Februar 2011 rechtswidrig geworden. Durch die Einstellung des Strafverfahrens hat die Meldung ihre Aktualität nicht verloren. Die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, ist nicht schwerwiegend. Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren.
Urteil vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12
Landgericht Hamburg – Urteil vom 12. August 2011 – 324 O 203/11
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 29. November 2011 – 7 U 80/11
Karlsruhe, den 30. Oktober 2012
Bei der Frage der Verwendbarkeit von personenbezogenen Informationen aus einer präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachung muss immer der Einzelfall gewertet werden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob personenbezogene Informationen aus einer präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachung in einem Urteil verwertet werden dürfen. Der BGH bejahte dies. Auch das BVerfG betont den Ausnahmecharakter des Beweisverwertungsgebots und führt an, wann ein Beweisverwertungsverbot geboten ist:
„ Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Beweisverwertungsverbot geboten, wenn die Auswirkungen des Rechtsverstoßes dazu führen, dass dem Angeklagten keine hinreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens verbleiben, die Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht mehr gewahrt sind oder die Informationsverwertung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führen würde.“
Dabei muss dies in jedem einzelnen Fall abgewogen werden:
„Art, Gewicht und Auswirkungen von Rechtsverstößen bei der Erhebung oder Verwendung von Informationen stellen sich sehr unterschiedlich dar und müssen deshalb auch einer einzelfallbezogenen Betrachtung unterliegen“
Wobei das BVerfG noch einmal bestätigt, dass es sich bei der präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachung nicht um eine nach dem Grundgesetz generell unzulässige Maßnahme handelt.
Somit werden Gerichte auch zukünftig in diesen Fällen eine genaue Abwägung zwischen dem Aufklärungsinteresse und der Schwere des Rechtsverstoßes treffen müssen. Dabei kommt es laut dem BVerfG auch darauf an, ob die Grundrechte planmäßig und systematisch von den Ermittlungsbehörden außer Acht gelassen wurden.
BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011, Az.: 2 BvR 2500/09.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner