Verfahrenseinstellung

  • Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den langjährigen Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde (TGD) in Deutschland, Kenan Kolat, wegen des Verdachts der Untreue (§ 266 StGB). Zuvor hatte sich Kolat selbst angezeigt. Nun wurde das Strafverfahren gegen ihn folgenlos und ohne Auflagen eingestellt.
    Der frühere Vorsitzende hatte in seiner Selbstanzeige gestanden, Gelder vom Vereinskonto für private Zwecke abgehoben zu haben. Später zahlte er die Gelder jedoch vollständig wieder zurück. Bereits durch dieses unrechtmäßige Privatdarlehn könnte der Straftatbestand der Untreue erfüllt sein.

  • Das Ermittlungsverfahren wegen Wahlfälschung (§ 107a StGB) gegen Giovanni Di Lorenzo, den Chefredakteur der „Zeit“ , ist von der Staatsanwaltschaft Hamburg gem. § 153a StPO gegen die Zahlung einer Geldauflag vorläufig eingestellt worden. Die genaue Höhe der Geldauflage wurde seitens der Staatsanwaltschaft nicht angegeben. Laut dem „Hamburger Abendblatt“ soll es sich jedoch um eine „namhafte“ finanzielle Auflage handeln.

    Das Strafverfahren gegen den bekannten Journalisten wird endgültig eingestellt, wenn die vollständige Geldauflage gezahlt ist.

  • Im Wirtschaftsstrafverfahren wegen Vorteilsannahme (§ 331 StGB) und Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) rund um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff hat die bisherige Beweisaufnahme keinen Nachweis der Schuld erbracht. Nicht nur Strafrechtsexperten fragen sich, auf welcher Grundlage überhaupt Anklage erhoben und die Angeklagte zumindest teilweise zugelassen worden ist.

  • Das Landgericht Wuppertal hat den Angeklagten wegen sexuelle Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihn im Übrigen vom weiteren Vorwurf der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in 67 Fällen freigesprochen. Es hat festgestellt, dass zwei Monate als vollstreckt gelten. Außerdem hat es den Angeklagten im Adhäsionsverfahren zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin verurteilt.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Dazu stellte der BGH fest, dass es in einigen Fällen der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern an der Anklageerhebung und daher auch am Eröffnungsbeschluss fehlt.

  • Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz im Strafbefehlsverfahren zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,00 € verurteilt.

    Hiergegen hat der Angeklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Mit Gerichtsbeschluss hat das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO „vorläufig“ eingestellt mit der Begründung, dass die Strafe, zu der die Verfolgung führen könne, neben der Strafe, die der Angeklagte in anderen Verfahren zu erwarten habe, nicht ins Gewicht falle. In einem anderen Verfahren ist er rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen á 15,00 € verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren, auf das sich die Einstellung auch bezieht, wurde der Angeklagte vermeintlich freigesprochen, das Verfahren ist allerdings noch anhängig.

    Nach Anhörung der Staatsanwaltschaft, die sich gegen eine „endgültige“ Verfahrenseinstellung ausgesprochen hat, da die verhängte Geldstrafe von 150 Tagessätzen keine Grundlage hierfür bilde aber ohne Anhörung des Angeklagten, hat der Vorsitzende ohne weitere Begründung verfügt, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird; zugleich hat er einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmt.

    Die Wiederaufnahme ist dem Angeklagten nicht ausdrücklich bekannt gemacht worden. Gleichwohl ist gegen den Angeklagten das angefochtene Urteil ergangen, mit dem die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe auf 50 Tagessätzen zu je 15,00 € herabgesetzt worden ist.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte erfolgreich Revision ein. Dazu das KG:

  • OLG Köln, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: III – 1 – RVs 68/11

    Das OLG Köln hob in der Revision ein landgerichtliches Urteil im Strafausspruch auf. Grund hierfür war ein Fehler bei der Strafzumessung.

    Das Landgericht Köln urteilte:

    „Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne ist zugunsten des Angeklagten sein umfassendes, auch bereits in erster Instanz abgelegtes Geständnis zu berücksichtigen, durch das er eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart hat. Eine echte Reue und Einsicht in das Unrecht der Taten vermag die Kammer trotz der erfolgten Schadenswiedergutmachung erst ansatzweise bei dem Angeklagten festzustellen und ihm nur im geringen Umfang zugutezuhalten. Dass er die Dimension seiner Taten noch nicht richtig erkannt hat, wurde auch dadurch deutlich, dass er durch seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung geltend machen ließ, das Unrecht der Taten könne nunmehr mit einer Einstellung nach § 153 a StPO hinreichend geahndet werden.“

    Auf die erfolgreiche Revision des Anklagten hat das  OLG Köln  zutreffend ausgeführt, dass die Anregung zu einer Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO nicht die innere Haltung des Angeklagten wiedergeben. Erst Recht könne daraus nicht geschlossen werden, dass bei dem Täter Einsicht und Reue fehlen würden. Zudem kam die Anregung im vorliegenden Fall vom Strafverteidiger des Angeklagten und nicht von diesem selbst.

    Das OLG führte dazu aus:
    „Im Hinblick darauf, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und eine vollständige Schadenswiedergutmachung anstrebt, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Taten – wie auch das Ergebnis der Strafzumessung des Landgerichts erweist – noch dem Bereich der mittleren Kriminalität zugeordnet werden können und eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten ist, lässt die Anregung einer Einstellung nach § 153 a StPO keine innere Einstellung erkennen, die auf fehlende Reue und Einsicht hindeutet. Sie ist erkennbar von dem – wenn auch unrealistischen – Wunsch nach günstiger Verfahrensgestaltung geprägt und überschreitet die Grenze angemessener Verteidigung nicht.”

    Eigentlich eine selbstverständliche Entscheidung, die auch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang steht, dass einem Strafbefehl nicht ohne weitere eine Geständnisfunktion innewohnt und deshalb nicht nur unter Verweis auf einen Einspruch gegen den Strafbefehl mit der Begründung, es entfalle eine Geständnisfiktion, die Strafe erhöht werden kann.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt