Wahlverteidiger

  • Ein Strafverteidiger kann als Ihr Wahlverteidiger oder als Pflichtverteidiger für Sie tätig werden.

    Oft werden wir nach dem Unterschied zwischen Strafverteidiger und Pflichtverteidiger gefragt. Diesen möchten wir im Folgenden gerne einmal online erläutern, wie zuvor bereits den Unterschied zwischen Rechtsanwalt und Fachanwalt, der scheinbar vielen schon geholfen hat, einen passenden Spezialisten für ein spezielles Rechtsproblem zu finden:

  • Dem Angeklagten wurde mit Beschluss des AG sein früherer Wahlverteidiger gem. § 140 I Nr. 5 StPO zum Pflichtverteidiger bestellt. Das LG Hannover verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung.

    Hiergegen hat der Angeklagte die Berufung eingelegt. In der Berufungshauptverhandlung ist die Beiordnung des Verteidigers aufgehoben worden. Dies wurde damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 140 I Nr. 5 StPO nicht mehr vorliegen würden, da der Angeklagte, der sich bis dahin in Strafhaft befunden hatte, wieder frei sei. Der Verteidiger setzte die Verteidigung dennoch fort. Die Berufung des Angeklagten hatte keinen Erfolg.

    Der Angeklagte richtet sich nun mit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Verteidigerbestellung.

  • Das Amtsgericht Witten hatte sich im folgenden Beschluss mit der Frage nach dem Ersatz der Reisekosten seines auswärtig tätigen Wahlverteidigers zu beschäftigen.

    Mit Beschluss des Amtsgerichts Witten ist dem Rechtsanwalt, der als Wahlverteidiger des Beschuldigten zum Gerichtstermin reiste, der Ersatz der notwendigen Auslagen in Höhe von 947,72 Euro als erstattungsfähig zuerkannt worden. Der Bezirksrevisor beim Landgericht Bochum legte hiergegen Beschwerde ein. Seiner Auffassung nach seien die Kosten für den auswärtigen Verteidiger nicht erstattungsfähig.

  • Der Angeklagte ist wegen Hehlerei und Diebstahl von geringwerten Sachen angeklagt. Um sich vor dem Amtsgericht zu Verteidigen, beantragte er die Bestellung eines Pflichtverteidigers, welche vom Gericht abgelehnt wurde. Daraufhin erhob der Angeklagte eine Beschwerde vor dem LG Kassel.

    So ist nach § 140 Abs. 2 StPO ein Verteidiger zu bestellen, „wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder ersichtlich ist, dass die Angeklagte sich nicht selbst verteidigen kann.“ Im vorliegenden Fall wird dem Angeklagten unter anderem die Hehlerei und Diebstahl vorgeworfen. Eine Freiheitsstrafe von länger als einem Jahr erscheint möglich.
    Die Vorraussetzungen nach § 140 Abs. 2 StPO sind im vorliegenden Fall somit gegeben.

    Auszug aus dem Beschluss des LG Kassel:

    „Zwar wird dem Angeklagten A. lediglich Hehlerei und Diebstahl geringwertiger Sachen vorgeworfen, so dass insoweit weder eine Freiheitsstrafe von längerer Dauer als Strafe zu erwarten wäre noch die Sach- bzw. Rechtslage grundsätzlich als schwierig einzustufen wären. Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist jedoch dennoch geboten, da dem Mitangeklagten B. ein Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, so dass aus Gründen des fairen Verfahrens auch der Angeklagte A. über einen Verteidiger verfügen sollte (vgl. LG Kiel vom 10.10.2008, StV 2009, 236; LG Oldenburg vorn 07.08.2000, StV 2001, 107; BeckOK/Wessing § 140 StPO, Rdn. 17), zumal der Angeklagte A. von dem Mitangeklagten B. belastet wird. Ob darüber hinaus erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Angeklagten A. zur sachgemäßen Verteidigung ohne Verteidiger vorliegen (vgl. OLG Frankfurt/Main, 2.Strafsenat, Beschluss vom 17.04.1984, Az 2 Ss 82/84), welche sich auf seiner langjährigen Abhängigkeit von Drogen gründen, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen bleiben. Die Kostenentscheidung folgt aus dem Erfolg der Beschwerde.“

    Folglich hat der Angeklagte mit seiner Beschwerde Erfolg. Ihm ist ein Pflichtverteidiger beizuordnen.

    Siehe dazu: Az.: 3 Qs 27/10

  • Az.: 18 Os 41/10 (Landgericht Rostock)

    Gegen den Angeklagten ist ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis erlassen worden. Zur Feststellung der Trunkenheitsfahrt wurde dem Angeklagten ohne richterliche Anordnung eine Blutprobe entnommen.

    Zur Verteidigung des Angeklagten beantragte der Rechtsanwalt P. seine Beinordnung als Pflichtverteidiger, die das Amtsgericht mit Beschluss vom 19.03.2010 zurückwies, da „kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliege, es sich um einen sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fall handele und der Angeklagte in der Lage sei, sich selbst zu verteidigen.“

    Hiergegen legte der Angeklagte Beschwerde vor dem Landgericht Rostock ein, mit der er aus nachstehenden Gründen Erfolg hatte.

    Wie der Senat ausführt, darf dem Angeklagten ein anwaltlicher Beistand nicht verwert werden. Insbesondere die Klärung der Rechtmäßigkeit der Blutentnahme zur Messung des Blutalkoholpegels sei ein komplexes Thema und nicht von einem Laien ohne Verteidigung zumutbar, so dass eine notwendige Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO vorliegt.

    Hierzu führt der Senat aus:

    „Es liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung i. S. d. § 140 Abs. 2 StPO vor, da die Schwierigkeit der Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers gebietet. Die Rechtslage ist dann als schwierig anzusehen, wenn es bei der Anwendung des materiellen oder formellen Rechts auf die Entscheidung nicht ausgetragener Rechtsfragen ankommt. Dies ist hier Bei der Verwertung der Blutproben angesichts der gegenwärtig in Rechtskreisen geführten Diskussion und der dazu ergangenen aktuellen Rechtsprechung u.a. des Bundesverfassungsgerichts der Fall. [..]
    Diese rechtliche Debatte kann der Angeklagte, der juristischer Laie ist, nicht allein führen. Dem Angeklagten darf eine sachgerechte und folglich anwaltlichen Beistand erfordernde Führung der Diskussion um ein Verwertungsverbot nicht verwehrt werden (siehe dazu die vom Verteidiger eingeführten Entscheidungen des OLG Brandenburg, NJW 2009, 1287 und des Landgerichts Schweinfurth, StV 2008, 642, sowie des OLG Bremen DAR, 2009, 710).“

    Aus diesem Grund hat die Beschwerde vor dem LG Rostock Erfolg. Davon unberührt bleibt der Ausgang des Hauptverfahrens vom Senat weiterhin noch zu prüfen.

  • Der Angeklagte ist vom Amtsgericht Görlitz wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden.

    Hiergegen haben der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, welche allerdings abgelehnt wurde. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die vor dem OLG Dresden aus nachstehenden Gründen Erfolg hat:

  • Dem Beschuldigten wurde am 17.12.2009 der Haftbefehl des AG Frankfurt (Oder) verkündet, er befindet sich derzeit in der JVA Cottbus-Dissenchen. Davor war er in der JVA Kempen und anschließend in der JVA Frankfurt (Oder) ansässig. Nach Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers wurde der Beschuldigte durch den Rechtsanwalt D. als Pflichtverteidiger vertreten. Hiergegen erhob er später eine Beschwerde, mit der er die Beiordnung des Pflichtverteidigers rügt.

    Die entscheidende Frage war, ob dem Beschuldigten die Gelegenheit gegeben worden ist bzw. er sich dessen bewusst war, in einem bestimmten Zeitraum einen Anwalt für seine Verteidigung zu benennen. Eine solche Möglichkeit entspricht dem Grundsatz des fairen Verfahrens und ist gesetzlich ausdrücklich normiert.

  • Az. 21 Qs 7/10 (LG Bonn)

    Nachdem der Beschwerdeführer am Abend des 18.12.2009 vorläufig festgenommen und am Tag darauf der Haftbefehl gegen ihn vom LG Bonn erlassen wurde, befand er sich in Untersuchungshaft. Bereits am 30.12.2009 beantragte die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer einen Pflichtverteidiger beizuordnen, der am 6.01.2010 unter Vorlage einer Vollmacht gegenüber der Staatsanwaltschaft erschien und die Beiordnung als Pflichtverteidiger des Beschwerdeführers beantragte.

    Am 8.01.2010 beantragte Rechtsanwalt Dr. K bei der Staatsanwaltschaft die Besucherlaubnis und konnte am 11.01.2010 den Beschwerdeführer aufsuchen. Am darauf folgenden Tag bestellte sich RA Dr. K als Wahlverteidiger des Beschwerdeführers und legte die Vollmacht von diesem vor. Hinzu kamen weitere Anträge sowie die schriftliche Erklärung des Beschwerdeführers, er wolle nur vom Rechtsanwalt Dr. K vertreten werden und das Mandatsverhältnis zum vorherigen Pflichtverteidiger sei erloschen. Dieses Schreiben sowie weitere Anträge des Wahlverteidigers übersandte die Staatsanwaltschaft dem zuständigen Ermittlungsrichter am 19.01.2010. Jedoch hatte der Ermittlungsrichter bereits am 14.01.2010 die angefochtene Entscheidung erlassen und ist zu diesem Zeitpunkt in Unkenntnis hinsichtlich des Wahlverteidigers Dr. K gewesen.

    Die Beschwerde des Beschwerdeführers hinsichtlich der Beiordnung des Pflichtverteidigers ist aus folgenden Gesichtspunkten begründet:

    Wie das LG Bonn feststellt, kann der Beschuldigte die Beiordnung eines bestimmten Verteidigers wünschen, der das Amt des Pflichtverteidigers wahrnehmen kann, soweit keine wichtigen Hinderungsgründe bestehen. In diesem Fall ist das Auswahlermessen des Vorsitzenden regelmäßig auf Null reduziertt:

    „Nach diesen Kriterien hätte bereits am 14.01.2010  RA Dr. K. zum Pflichtverteidiger bestellt werden müssen. Zwar war die Entscheidung des Ermittlungsrichters subjektiv auf der Grundlage der dem AG am Donnerstag, 14.01.2010, vorliegende Aktenbestandteile nicht zu beanstanden. Objektiv war jedoch das Mandatsverhältnis des Beschwerdeführers zu RA H als Verteidiger im vorliegenden Ermittlungsverfahren bereits seit Dienstag, 12.01.2010, erloschen und der Beschwerdeführer hatte bereits RA Dr. K. als Verteidiger seines Vertrauens benannt. Dies ergibt sich aus der schriftlichen Erklärung des Beschwerdeführers persönlich, die seitens RA Dr. K. am 12. 01.2010 zusammen mit seiner Bestellung zu den Akten gereicht worden ist. Die Erklärungen durften auch gegenüber der Staatsanwaltschaft und mussten nicht unmittelbar gegenüber dem Ermittlungsrichter abgegeben werden. Zwar beruhte die Bestellung als Pflichtverteidiger auf § 1,10 Abs. 1 Nr.4 StPO i. d. F ab 01.01.2010 mit der Folge, dass sich die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des AG Bonn unmittelbar aus §§ 141 Abs. 4 Halbs. 2, 126 Abs.1 S. 1 StPO ergibt, weil dort auch der U-Haftbefehl erlassen worden ist. Die Bestellung  als Verteidiger durch RA K. und der damit verbundene Antrag, als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden, bezog sich nämlich auf das Verfahren insgesamt und die Ermittlungen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Damit war die StA insgesamt noch „Herrin des Ermittlungsverfahrens“. Verzögerungen in der Übermittlung zwischen der StA und dem für die Bestellung zuständigen Ermittlungsrichter des AG, die hier eine Woche betragen haben, können insoweit nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.“

    Folgerichtig ist die Beschwerde des Beschuldigten begründet und der Wahlverteidiger Rechtsanwalt Dr. K als solcher durch das Gericht beizuordnen, der bisherige Pflichtverteidiger zu entpflichten.


  • Mangels Ladung aller Strafverteidiger war der Angeklagte mit unvollständiger Strafverteidigung verurteilt worden, in Abwesenheit seines für die Verteidigung hinzu gewählten Anwalts.

    Der Angeklagte rügte das augenscheinlich rechtsfehlerhafte Urteil des LG Naumburg mit der Revision. Das OLG Naumburg gab der Revision statt und hob das angefochtene Urteil auf. Als Begründung führt das OLG an, dass das vorinstanzliche Urteil auf einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes beruhe, da der ordnungsgemäß bevollmächtigte Wahlverteidiger (hier als zusätzlicher Strafverteidiger) des Angeklagten J.F. nicht zum Fortsetzungstermin geladen worden ist.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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