Zur Beurlaubung für einzelne Teile der Verhandlung

Der Angeklagte ist vom Landgericht wegen der „versuchten gemeinschädlichen Sachbeschädigung in zwei Fällen sowie der vorsätzlichen Brandstiftung für schuldig befunden und ihn unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Eisleben zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt“ worden. Gegen das Urteil wandte sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof und konnte einen Teilerfolg erzielen.

Der Angeklagte rügt in seiner Revision einzelne Verfahrensfehler. In dem einbezogenen Urteil des AG Eisleben wegen unter anderem der gemeinschaftlichen und mit den beiden Mitangeklagten begangenen gefährlichen Körperverletzung wurden die Verfahren abgetrennt und der Angeklagte und sein Verteidiger im Hauptverhandlungstermin vom 3. Juli 2008 für die Dauer der Vernehmung weiterer Zeugen beurlaubt. Jedoch wurden in Abwesendheit des Angeklagten und seines Verteidigers Umstände erörtert, die auch den Angeklagten betrafen. Danach liegen die Voraussetzungen einer Beurlaubung nicht vor.

Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

“Nach dieser Vorschrift besteht die Möglichkeit der Beurlaubung nur für einzelne Teile der Verhandlung, von denen der zu beurlaubende Angeklagte und sein Verteidiger „nicht betroffen“ sind. Letzteres trifft nur zu, wenn auszuschließen ist, dass die während der Abwesenheit des Angeklagten behandelten Umstände auch nur mittelbar die gegen ihn erhobenen Vorwürfe berühren. Auch wenn der Verhandlungsteil nur für den Ausspruch über eine Rechtsfolge für den Angeklagten von Bedeutung ist, wird dieser von ihm betroffen (Gmel in KK-StPO 6. Aufl. § 231 c Rdn. 4; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 231 c Rdn. 12; jew. m.N.).“

Angesichts dessen war die Beurlaubung für den Termin der Hauptverhandlung nach Auffassung des Strafsenats nicht statthaft. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Verteidiger den Antrag gestellt hat:

„Dies folgt bereits aus dem Wesen der Einbeziehung des früheren Urteils gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG. Zwar sind der Schuldspruch des früheren Urteils und die ihn tragenden Feststellungen für das einbeziehende Gericht grundsätzlich bindend und ist deshalb auch eine vollständige oder teilweise Wiederholung der Beweisaufnahme über Umstände, die Gegenstand des früheren Verfahrens gewesen sind, grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Eisenberg JGG 13. Aufl. § 31 Rdn. 37 und 58). Dies schließt aber ergänzende Feststellungen, die zu den im früheren Verfahren getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus. Im Übrigen ist das einbeziehende Gericht hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs nicht an die Feststellungen im früheren Urteil gebunden, sondern es hat unter zusammenfassender eigen-ständiger Würdigung der in dem früheren Urteil festgestellten und der neuen Straftaten auf eine sämtliche Straftaten gerecht werdende Rechtsfolge zu erkennen (vgl. Eisenberg aaO Rdn. 38 m.N.).“

Der Angeklagte war von der Beweisaufnahme in dem Verfahren wegen der gefährlichen Körperverletzung betroffen und insofern musste die Möglichkeit des Angeklagten bzw. seines Verteidigers bestanden haben, die Beweisaufnahme zu verfolgen und sich hierzu in der Hauptverhandlung äußern zu können.

Somit war nach Auffassung des Strafsenats die Anwesendheit des Angeklagten und seines Strafverteidigers während diesem Teil der Verhandlung zwingend erforderlich. Dieses führt zum absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO und folglich zur Aufhebung des Strafausspruchs.

4. Strafsenat des BGH, Az.: 4 StR 609/08

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