Hannover

  • Vor zwei Jahren trat Christian Wulff als Bundespräsident zurück. Nun endet der Prozess mit einem Freispruch in allen Punkten, was für viele Prozessbeobachter wenig überraschend ist.

    Wie lautete der Vorwurf gegen Christian Wulff?

    Die Staatsanwaltschaft Hannover warf dem ehemaligen Bundespräsidenten Wulff in ihrer Anklageschrift Bestechlichkeit (§ 332 StGB) vor. Zuvor hatte Wulff eine Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO gegen eine Geldauflage von 20.000 Euro abgelehnt. Er war sich keiner Schuld bewusst und wollte den Freispruch.

  • Heute hat nicht nur eine große deutsche Tageszeitung, sondern auch andere Medien die Frage aufgeworfen, ob die Durchführung einer Hauptverhandlung mit voraussichtlich 22 Verhandlungstagen gegen den ehemaligen Minister und Bundespräsidenten Christian Wulff notwendig sei, schließlich sei Wulff doch schon gestraft genug und es gehe ja „nur“ um ca. 720 EUR.

  • Nachdem bereits die Klage gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff wegen Vorteilsannahme (§ 331 StGB) zugelassen wurde, hat das Landgericht Hannover nun auch die Klage gegen seinen früheren Pressesprecher zugelassen. Dem Sprecher wird Bestechlichkeit (§ 332 StGB) vorgeworfen. Er soll rund 600.000 Euro von Sponsoren für Events eingeworben haben. Dafür soll der nun Angeklagte mehrere kostenfreie Flüge im Wert von 19.000 Euro gestellt bekommen haben.

  • Soll ein dinglicher Arrest über sechs Monate hinaus aufrechterhalten werden, braucht es dringende Gründe im Sinne des § 111b Abs. 3 StPO.

    Die Beschuldigten sollen gemeinsam das Vermögen Betreuter veruntreut haben. Bei den Beschuldigten handelt es sich um einen Betreiber einer ambulanten Seniorenbetreuung, zwei Rechtsanwälten und einen Notar. Insgesamt sollen so über 780.000 Euro ungerechtfertigt den Beschuldigten zugewendet worden sein.

  • Der Vorsatz der Nötigung iSd § 240 StGB muss sich auf einen konkreten Taterfolg beziehen.

    Die Angeklagten wurden wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und mit Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe vom Landgericht Hannover verurteilt.

    Nach Feststellung des Gerichts trafen sich die beiden Angeklagten mit dem späteren Geschädigten, der ihnen Geld schuldete. Um ihn einzuschüchtern, nahmen sie zwei weitere Männer mit, einer der Angeklagten führte eine geladene Waffe im Hosenbund. Beim Treffen kam es zu einem Wortwechsel, bei dem die Angeklagten den Geschädigten geschlagen haben sollen. In einer Rangelei zog der bewaffnete Angeklagte seine Waffe und gab zwei Schüsse ab.

    Gegen die Verurteilung wehrt sich die Strafverteidigung mit der Revision.

  • Ein Prozessrisiko als Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB muss konkret beziffert werden.

    Die Angeklagte wurde vom Landgericht Hannover wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung verurteilt. Ihr Ehemann mietete sich hochwertige Leihwagen an, lies sich dann von einem Dritten die Papiere fälschen und verkaufte diese unter Zuhilfenahme der Angeklagten an ahnungslose Käufer weiter.

  • Aufgrund der steigenden Rohstoffpreisen ist es in letzter Zeit immer häufiger zu Diebstählen rund um das Streckennetz der Deutschen Bahn gekommen. So werden Kupferkabel gestohlen, um das Kupfer anschließend zu verarbeiten und für viel Geld zu verkaufen.

    Dadurch begeben sich die Diebe jedoch einerseits in Lebensgefahr durch die Starkstromleitungen an den Strecken und halten anderseits stundenlang den Bahnverkehr auf.

  • Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und mit Freiheitsberaubung in zwei Fällen zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten.

  • Nachdem Christian Wulff am Freitag von seinem Amt als Bundespräsident zurückgetreten ist, erübrigt sich die Frage nach der Aufhebung seiner Immunität durch den Bundestag. Denn: durch den Rücktritt verliert Wulff automatisch seine Immunität. Daher kann die Staatsanwaltschaft nun mit den Ermittlungen beginnen.

    Wie es weiter geht, richtet sich nach dem Ermittlungserfolg der Staatsanwaltschaft.

    So heißt es in § 170 StPO:

    (1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
    (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

    Folglich hat Wulff mit der Erhebung der Anklage zu rechnen, falls die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dafür Anlass bieten.

    Jetzt beginnt zugleich die Suche nach einem neuen Bundespräsidenten. Dieser wird gemäß Art. 54 I Satz 1 GG von der Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung setzt sich aus den Mitgliedern des Bundestags und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, welche von den Landesparlamenten bestimmt werden zusammen. Gemäß Art. 54 IV Satz 1 GG hat die Bundesversammlung dreißig Tage Zeit, einen Nachfolger zu bestimmen. Die Bundesregierung berät bereits über mögliche Kandidaten.

    Eine weitere Frage bezüglich Wulff ist zu klären: Bekommt er den sogenannten „Ehrensold“? Diese Frage regelt grundsätzlich das Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten (BPräsRuhebezG). Nach § 1  BPräsRuhebezG erhält ein Bundespräsident mit Ablauf seiner Amtszeit oder sofern er vorher aus politischen oder gesundheitlichen Gründen aus seinem Amt ausscheidet, einen Ehrensold. Hier ist folglich zu klären, ob Wulff wirklich aus politischen oder doch eher aus privaten Gründen zurückgetreten ist. Für einen Rücktritt aus politischen Gründen spricht zunächst, dass angeführt wurde, dass gerade sein Amt mit den Ermittlungen nicht vereinbar sei. Allerdings sind diese Ermittlungen ja auf private Gründe zurückzuführen. Es ist daher abzuwarten, wie der Rücktritt des Ex-Bundespräsidenten bewertet wird. Es geht hierbei um rund 200.000 Euro jährlich für Wulff.


  • Wie bekannt wurde, will die Staatsanwaltschaft Hannover eventuell Anklage gegen den derzeitigen Bundespräsidenten Christian Wulff erheben. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass sich Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) beziehungsweise Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) schuldig gemacht habe.

    Die Einleitung des Ermittlungsverfahren allerdings ist gar nicht so einfach. Denn: Während seiner Amtszeit genießt der Bundespräsident – wie auch grundsätzlich alle Bundestagsabgeordneten – strafrechtliche Immunität. Das heißt, dass er strafrechtlich nicht einfach verfolgt werden kann. Ermittlungen können danach erst geführt werden, wenn seine Immunität aufgehoben wurde.

    Die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten ist in der Geschichte noch nicht vorgekommen und wirft einige Fragen auf. Das Verfahren wird nun ähnlich wie bei Bundestagsabgeordneten ablaufen. Danach ist die Zustimmung des Bundestags erforderlich. Wird dann die Immunität des Bundespräsidenten aufgehoben, so kann die Staatsanwaltschaft gegen Wulff ermitteln. Dann kann es zur Anklage oder zur Einstellung des Verfahrens kommen.

    So wie es momentan aussieht, soll die Immunität Wulffs relativ schnell aufgehoben werden, um den Weg für Ermittlungen frei zu machen. Insbesondere soll dies der Rechtsstaatlichkeit gerecht werden. Denn es soll ja jeder vor dem Gesetz gleich sein. Also müssen auch Ermittlungen gegen den Bundespräsidenten möglich sein. Grundsätzlich… Aber die „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“ ist nach § 90 StGB strafbar. Steht er also über dem Gesetz? Das muss zweifelsfrei verneint werden. Und Ermittlungen abzulehnen, weil er nun einmal (zumindest formal) das höchste Amt in Deutschland innehat ist, ist fraglich. So dass man wohl zu dem Ergebnis kommen muss, dass strafrechtliche Ermittlungen mit einem ausreichenden Anfangsverdacht und der Zustimmung und damit auch Prüfung durch den  Bundestag grundsätzlich möglich sein müssen. Allerdings sollte zu jeden Zeit auch die Unschuldsvermutung bestehen bleiben. Denn wenn jeder strafrechtliche Konsequenzen für sein Handeln zu tragen hat, so muss auch jedem in gleichem Maße die Unschuldsvermutung zu Gute kommen. Das sollte nicht vergessen werden…!


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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