Der Fall „Edathy“ rückte die „Grauzone“ zwischen legalen Posing-Bildern und strafbarer Kinderpornografie in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Bundesregierung will nun die Gesetze verschärfen und dabei nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene vor der Veröffentlichung und Weitergabe von Nacktbildern schützen. Denn häufig finden auch Erwachsene gegen ihren Willen Nacktfotos von sich im Internet, nicht selten veröffentlicht vom Ex-Partner oder Lover.
Der Angeklagte war wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 StGB) und Betrugs (§ 263 StGB) zu vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zwischen Verurteilung und Haftantritt erhielt der später Verurteilte die Auflage, in Zukunft keinen Kontakt mehr zu Kindern zu haben.
Während seiner Haftzeit nahm der Mann Briefkontakt zu einer Mutter mit drei Kindern auf. Als er Freigang erhielt, besuchte er die Frau und spielte auch mit ihren Kindern. Die Staatsanwaltschaft sah in diesem Verhalten einen Verstoß gegen die Auflagen.
Vergewaltigungen haben häufig nicht nur physische, sondern auch psychische Folgen. Über aktuelle Beispiele aus Kiel, Flensburg oder Indien berichteten die Medien jüngst.
Folgen einer Vergewaltigung können bereits dann eintreten, wenn sexuelle Handlungen lediglich vor einem Opfer begangen wurden. Daher sehen viele Sexualstrafdelikte nicht nur eine Strafe bei sexuellen Handlungen „an“ einem Opfer vor, sondern auch bei sexuellen Handlungen „vor“ einem Opfer. Dies betrifft auch den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne des § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB. „Sexuelle Handlungen vor einem anderen“ erlauben jedoch einen weiten Interpretationsspielraum. Sie sind deshalb in § 184g Nr. 2 StGB legaldefiniert. Demnach muss ein Opfer den Vorgang auch tatsächlich „wahrnehmen“, um im Rahmen der sittlichen Gefährdung quasi „passives Opfer“ einer Vergewaltigung zu werden.
Für die Heimtücke reicht bereits die Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit eines schutzbereiten Dritten aus.
Das Landgericht Limburg an der Lahn stellte fest, dass die Angeklagte ihr zwei Wochen altes Kind im Jahre 2006 aufgrund einer Überforderung getötet hatte. Bei der Obduktion wurden jedoch keine Hinweise auf einen unnatürlichen Tod gefunden. Auch beim zweiten Kind, das mit eineinhalb Monaten ebenso 2006 von der Angeklagten getötet wurde, wurde plötzlicher Kindstod angenommen. Trotz Überwachung durch einen Herzschlagmonitor und besonderer Wachsamkeit des Ehemannes tötete die Angeklagte unter ähnlichen Umständen auch ihr drittes Kind im Jahr 2009. Diese Feststellung führte zu einer Verurteilung wegen Totschlags in drei Fällen.
Einen Mord hat das Landgericht dagegen nicht angenommen, da die Angeklagte nicht heimtückisch im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gehandelt hat. Denn als die Angeklagte die Bewachung ihres Kindes übernahm und der Ehemann sich schlafen legte, hatte die Angeklagte noch keinen Tatentschluss gehabt. Sie lockte den Ehemann, als schutzbereiten Dritten, also nicht gezielt weg.
In der Revisionsinstanz sieht der Bundesgerichtshof (BGH) dies anders.
Auf dem Rechner des Angeklagten wurden kinderpornographische Dateien gefunden. Der 35-Jährige, der sich selbst als pädophil bezeichnet, kann sich jedoch nicht erklären, wie diese „Kinderpornos“ auf seinen Rechner gekommen sind. Vor dem Amtsgericht erklärte er, dass er häufig Daten anderer Leute kopiere, hierbei können möglicherweise die Fotos mit überspielt worden sein. Der Mann selbst wurde auffällig, als er Kinder im Freibad gefilmt haben soll.
Auch bei einem Freispruch müssen die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten im Urteil erwähnt werden.
Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, dass er das einjährige Kind seiner Lebensgefährtin so stark misshandelt haben soll, dass es an den Verletzungen starb. Der Angeklagte machte vor der Polizei und dem Landgericht unterschiedliche Angaben zum Tatgeschehen. Mal sei er auf das Kind gefallen, dann habe er es doch geschüttelt, ein anderes Mal solle das Kind selbst auf der Couch zusammengebrochen sein und einmal sagte der Angeklagte aus, das Kind habe bereits im eigenen Bett den Zusammenbruch erlitten.
Das Landgericht sprach daraufhin den Angeklagten zumindest vom Totschlag frei.
Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen dieses Urteil ein.
Macht ein Verwandter in der Hauptverhandlung nach § 52 StPO Gebrauch von seinem Aussageverweigerungsrecht, dürfen frühere Angaben von ihm nicht als Beweismittel berücksichtigt werden.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Erfurt wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Mann soll 2001 die damals 10-jährige Geschädigte in seiner Wohnung zuerst mit der Zunge geküsst und anschließend mit ihr den Vaginalverkehr vollzogen haben. Bei späteren Besuchen soll es zu weiteren sexuellen Handlungen gekommen sein.
Der Angeklagte bestritt die Tat und sagte, dass sein Sohn mit der Geschädigten in einem Zimmer übernachtet hätte. Das Landgericht sah dies als widerlegt an, weil der Sohn aussagte, er habe am Abend die Wohnung verlassen. Gegen die Verurteilung richtet sich die Strafverteidigung mit der Revision.
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt fest, dass laut Sitzungsniederschrift der Sohn des Angeklagten nicht zur Sache aussagte, sondern nach seiner Belehrung vom Aussageverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO Gebrauch machte. Auch gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Angaben des Sohnes durch die Vernehmung einer Verhörsperson in das Hauptverfahren eingeführt worden sein könnten. Damit verstößt die Kammer gegen das Unmittelbarkeitsprinzip, wenn es Beweismittel berücksichtigt, die nicht in die Verhandlung eingeführt wurden.
Darüber hinaus stellte das Landgericht fest, dass der Angeklagte unter einer ausgeprägten histironischen und narzisstischen Persönlichkeit sowie einer pädophilen Nebenströmung litt. Der Senat gibt dabei zu bedenken, dass solche Merkmale im Sinne des § 20 StGB nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern in einer Gesamtschau bewertet werden müssen. Auch bezügliches des Zungenkusses gibt der Senat zu bedenken, ob die Erheblichkeitsschwelle in diesem Fall schon überschritten wäre:
„Sofern sich das Tatgericht erneut davon überzeugt, dass der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe versucht hat, die Geschädigte zu küssen, wird es auch zu prüfen haben, ob insoweit die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB überschritten ist. Als erheblich im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche Handlungen zu werten, die nach Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen“
Insoweit hatte die Revision der Strafverteidigung somit Erfolg. Eine andere Strafkammer des Landgerichts muss sich mit der Sache neu befassen.
BGH, Beschluss vom 12. September 2012, Az.: 2 StR 219/12
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 193/2012 vom 15.11.2012
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit die Eltern für ihre Kinder bei illegalem Filesharing wie z.B. bei der Verwendung von Tauschbörsen im Internet haften. Demnach haften die Eltern nicht für die Urheberrechtsverletzung, sofern sie keine Kenntnis hiervon besitzen. Nach diesem Urteil besteht für die Eltern ebenso keine Überwachungspflicht hinsichtlich des Nutzerverhaltens der Kinder.
Auszug aus der Pressemitteilung:
Der Täter muss für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176a wissen, dass es sich um ein Kind handelt.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Bielefeld wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 42 Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauches eines Kindes in 31 Fällen zu neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wehrte sich die Strafverteidigung mit der Revision.
Ein Horror für jede Eltern: Im Hildesheimer Hallenbad soll ein Mann am Sonnabend ein neunjähriges Mädchen schwer sexuell missbraucht haben. Zuvor sprach der Täter beide Kinder an einer Wasserrutsche an und überredete diese, ihn zu den Unkleidekabinen zu begleiten. Dort soll er sich an einem der beiden Mädchen vergangen haben. Die Eltern waren zum Tatzeitpunkt nicht in der Nähe.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner