Nötigung

  • KG Berlin, Beschluss vom 10.11.2010, Az.: 3 Ws 459/10, 3 Ws 459/10 – 1 AR 1247/10

    Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte den Mann wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung vor dem Amtsgericht Tiergarten angeklagt.
    Laut Anklage sei er mit seinem zuvor ordnungswidrig abgestellten Auto auf einen Mitarbeiten des Bezirksamts zugefahren, um fliehen zu können. Dabei sei der Mann verletzt worden.
    Das Amtsgericht hat die Anklage am 12. April 2010 zur Hauptverhandlung zugelassen und gleichzeitig Termin für den 26. Mai 2010 anberaumt. Die Ladung erfolgte über den Strafverteidiger, welche zuvor die Vollmacht vorgelegt hatte.
    Kurz darauf übergab der Strafverteidiger dem Gericht die Kopie einer zuvor erstellten Vollmacht, wobei er nicht mehr zur Entgegennahme von Ladungen ermächtigt ist.
    Der Angeklagte wurde sodann zur neuen, auf den 9. Juni 2010 angesetzten Hauptverhandlung über seinen Verteidiger geladen. Die an den Angeklagten nach Paris geschickte Ladung kam zurück.  Der Verteidiger wieß ausdrücklich darauf hin, „keinerlei Empfangsvollmacht für Ladungen“ zu haben.
    Der Angeklagte blieb sodann der Hauptverhandlung fern. Das Amtsgericht erließ daher gemäß § 230 Abs. 2 StPO einen Haftbefehl. Die gegen diesen eingelegte Beschwerde des Angeklagten hat das Landgericht durch Beschluss vom 22. Juli 2010 verworfen.
    Dagegen legte der Angeklagte gemäß § 310 Abs. 1 StPO Beschwerde ein.

    Dazu das KG:

    „Der Haftbefehl des Amtsgerichts kann nicht bestehen bleiben. Zwar ist nach § 230 Abs. 2 StPO die Verhaftung des der Hauptverhandlung ferngebliebenen Angeklagten anzuordnen, wenn dieser nicht genügend entschuldigt ist. Voraussetzung ist jedoch, dass er zum Termin ordnungsgemäß geladen wurde. Daran fehlt es hier. Dies beruht jedoch nicht darauf, dass der Verteidiger zur Entgegennahme der Ladung für den in Frankreich lebenden Angeklagten nicht bevollmächtigt gewesen ist. Der Angeklagte hat ihn vielmehr ausdrücklich hierzu bevollmächtigt und der Verteidiger hat dies durch die mit Schriftsatz vom 13. Januar 2010 überreichte Vollmacht vom 11. Dezember 2009 im Original nachgewiesen. Dass diese entgegen der Ansicht des Verteidigers durch eine auf den 15. Oktober 2009 datierte Vollmacht, die zudem nur in Ablichtung vorliegt, nicht eingeschränkt werden kann, ist offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung. Hinzu kommt, dass der Senat die Zweifel des Landgerichts an der Echtheit der Vollmacht vom 15. Oktober 2009 teilt, sodass fraglich ist, ob diese Vollmacht im Rechtsverkehr überhaupt Wirkung entfaltet. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, weil der in der an den Verteidiger bewirkten Ladung enthaltene Hinweis nach § 216 Abs. 1 StPO in dieser Form nicht hätte erteilt werden dürfen. Unverzichtbarer Bestandteil jeder schriftlichen Ladung eines auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten ist die Warnung, dass im Falle seines unentschuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung erfolgen wird. Lebt der Angeklagte dauerhaft im Ausland, wird diese Warnung in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise als nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts unzulässig [vgl. OLG Brandenburg StRR 2007, 276; OLG Köln NStZ-RR 2006, 22; OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 18, 19], teilweise aber auch als zulässig angesehen, sofern sie den für den Zustellungsempfänger eindeutigen Hinweis enthält, dass die Vollstreckung der angedrohten Zwangsmaßnahmen ausschließlich im Geltungsbereich der Strafprozessordnung erfolgt [vgl. OLG Saarbrücken NStZ-RR 2010, 49; LG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Juli 2010 2 Qs 22/10 – bei juris; OLG Rostock StRR 2008, 310]. Letzterer Ansicht schließt sich der Senat an. Sie entspricht der in Nr. 116 Abs. 1 RiVASt geregelten Vorgehensweise. In der zuzustellenden Ladung zur Hauptverhandlung muss daher der Hinweis enthalten sein, dass sich die Vollstreckung von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des staatlichen Anspruchs auf Erscheinen in der Hauptverhandlung auf das Staatsgebiet Deutschlands beschränkt. Nur dann stellt die entsprechende Warnung keinen Akt der Ausübung hoheitlicher Gewalt dar, der die Souveränität des ausländischen Staates tangiert. Dies gilt auch, wenn die Ladung an den nach § 145a Abs. 2 StPO ausdrücklich bevollmächtigten Verteidiger in Deutschland erfolgt. Zum einen ist Adressat auch dann ausschließlich der im Ausland lebende Vollmachtgeber und § 145a Abs. 2 StPO soll lediglich das Zustellungsverfahren vereinfachen und die ordnungsgemäße Zustellung der Ladung sicherstellen [vgl. Lüderssen/Jahn in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl., § 145a Rdn. 1]. Vorliegend enthielt die der Ladung beigefügte „Übersicht der Rechtsfolgen bei Ausbleiben im Termin“ unter dem Stichwort „Angeklagter im Strafverfahren“ keine territoriale Beschränkung der Vollstreckung der angedrohten Zwangsmaßnahmen, sondern nur den Hinweis „Verhaftung oder polizeiliche Vorführung zum nächsten Termin“. Damit ist der Angeklagte nicht ordnungsgemäß geladen worden und der Haftbefehl des Amtsgerichts vom 9. Juni 2010 sowie der Beschluss des Landgerichts vom 22. Juli 2010 waren aufzuheben.“

    Damit stellt das KG klar, dass ein Haftbefehl nur erlassen werden kann, wenn der Angeklagte ordnungsgemäß geladen wurde. Dies hat das KG hier abgelehnt.


  • In dem wegen 500-facher Vergewaltigung und Inzest angeklagten Prozess gegen Adolf B. ist es jetzt zu einem unerwarteten Urteil angekommen. Trotz der von der Staatsanwaltschaft umfangreich vorgetragenen Anklage wurde der 69-jährige Mann nun wegen unerlaubten Beischlafs innerhalb der Familie und wegen Nötigung zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten hingegen 14 Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert.

  • Das Landgericht Wuppertal hat den Angeklagten wegen sexuelle Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihn im Übrigen vom weiteren Vorwurf der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in 67 Fällen freigesprochen. Es hat festgestellt, dass zwei Monate als vollstreckt gelten. Außerdem hat es den Angeklagten im Adhäsionsverfahren zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin verurteilt.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Dazu stellte der BGH fest, dass es in einigen Fällen der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern an der Anklageerhebung und daher auch am Eröffnungsbeschluss fehlt.

  • BGH, Beschluss vom 28.09.2011, Az.: 4 StR 403/11

    Das Landgericht Hagen hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

    Das Landgericht hatte dabei festgestellt, dass die Angeklagten von dem Geschädigten die Herausgabe seiner EC-Karte und die Nennung der PIN verlangten. Dabei drohten sie ihm mit einer nicht nachweisbar echten und geladenen Pistole. Das Opfer nannte dennoch eine falsche PIN, sodass die EC-Karte nach dreimaliger falscher Eingabe vom Geldautomaten eingezogen wurde.

    Als der beim Opfer gebliebene Angeklagte B dies erfuhr, schlug er dem Geschädigten mit der Pistole auf den Hinterkopf. Zudem trat er ihm mindestens einmal mit seinen Arbeitsschuhen mit festen Sohle kräftig ins Gesicht. Der Geschädigte erlitt dadurch einen Bruch des linken Jochbeins und eine Platzwunde am Hinterkopf.

    Das Landgericht nahm durch den Schlag mit der Pistole und den Tritt mit dem Schuh ins Gesicht die Qualifikationen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3a StGB an.

    Dazu der BGH:

    „Der Strafschärfungsgrund der gegenüber § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB erhöhten Qualifizierung des Absatzes 2 Nr. 1 liegt darin, dass es tatsächlich zum Einsatz eines mitgeführten Werkzeugs als Nötigungsmittel kommt. Dabei ist zu fordern, dass das gefährliche Tatmittel zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung, also zur Ermöglichung der Wegnahme, verwendet oder –  nach Vollendung des Raubes – als Mittel zur Sicherung des Besitzes an dem gestohlenen Gut eingesetzt wird (BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 2008 – 3 StR 229/08, NStZ-RR 2008, 342 und vom 1. Oktober 2008 – 5 StR 445/08, BGHSt 52, 376). Dies gilt auch für schwere Misshandlungen nach Vollendung einer Raubtat. Sie erfüllen den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB nur dann, wenn sie weiterhin von Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen sind (BGH, Urteil vom 25. März 2009 – 5 StR 31/09, BGHSt 53, 234; vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – 4 StR 241/09, NStZ 2010, 150).

    Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass der Schlag mit der Pistole und der Fußtritt erst erfolgten, nachdem der Angeklagte erfahren hatte, dass die genannte PIN falsch war und der Bankautomat die Karte eingezogen hatte, der Versuch mithin fehlgeschlagen und abgeschlossen war. Da die zuvor zur Erpressung der EC-Karte und der PIN eingesetzten Mittel die Qualifikation des § 250 Abs. 2 StGB nicht erfüllen, ist der Angeklagte der versuchten schweren räuberischen Erpressung nach § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug und – tatmehrheitlich hierzu – der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB schuldig.“

    Damit stellt der BGH klar, dass hier kein Fall der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung vorliegt. Dazu sei erforderlich, dass das mitgeführte Werkzeug genutzt werde, um die Wegnahme zu ermöglichen. Das heißt, dass die Nötigung die Wegnahme ermöglicht haben muss. Hier hat die Nötigung durch Gewaltanwendung aber erst nach der Wegnahme und ohne weiteren Erfolg bezüglich des versuchten Raubes stattgefunden. Es war vielmehr eine Art „Strafe“ für den Geschädigten. Daher hat der BGH die Strafbarkeit gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3a StGB abgelehnt. Es komme lediglich eine Strafbarkeit gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB in Betracht.

  • BVerfG, Kammerbeschluss vom 07.03.2011, Az.: 1 BvR 388/05

    Der Beschwerdeführer ließ sich 2004 zusammen mit circa 40 anderen Personen aus Protest gegen die sich abzeichnende militärische Intervention der USA im Irak auf der zu der Rhein Main Military Air Base, dem Luftwaffenstützpunkt der US-amerikanischen Streitkräfte bei Frankfurt am Main, führenden Ellis Road nieder. So hinderten sie die Fahrzeugführer für eine nicht unerhebliche Zeit an der Weiterfahrt. Auf die nach Auflösungsverfügung hin ergangene Aufforderung der Polizei, sich zu entfernen, hätten die Demonstranten nicht reagiert, so dass sie von Polizeikräften zwangsweise hätten weggetragen werden mussten.

    Das Amtsgericht dazu:

    „Das Verhalten der Demonstranten sei auch rechtswidrig gewesen. Zwar seien die Motive für die Sitzblockade von Friedenswillen geprägt und in der Sache nachvollziehbar gewesen, doch könnten politische Fernziele bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit im Rahmen des § 240 Abs. 2 StGB nicht berücksichtigt werden. Niemand habe das Recht auf gezielte Verkehrsbehinderung durch Sitzblockaden. Ferner sei die Verkehrsbehinderung keineswegs notwendig gewesen, um das Grundrecht der Versammlungsfreiheit durchzusetzen. Der Beschwerdeführer und die Mitangeklagten hätten ihre Versammlungsfreiheit auch neben der Fahrbahn ausüben können. Die gezielte Provokation zur Schaffung von Stimmungslagen oder zur Erregung von Aufmerksamkeit werde von der Rechtsordnung nicht geschützt, so dass der Beschwerdeführer und die Mitangeklagten sozial inadäquat und verwerflich im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB gehandelt hätten. Dass der Beschwerdeführer und die Mitangeklagten aus achtenswerten Motiven gehandelt hätten, sei bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.“

    Daher verurteile das Amtsgericht den Beschwerdeführer wegen gemeinschaftlicher Nötigung gemäß § 240, § 25 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 30 €.

    Das Landgericht Frankfurt am Main verwarf die Berufung des Beschwerdeführers mit Beschluss vom November 2004 nach § 313 Abs. 2 Satz 2 StPO wegen offensichtlicher Unbegründetheit als unzulässig.

    Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Nötigung gemäß § 240 StGB aufgrund der Teilnahme an einer Sitzblockade. Er rügt – unter anderem – eine Verletzung des aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Analogieverbots sowie der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG.

    Ein Verstoß gegen das Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG lehnte das Verfassungsgericht ab, da auch eine Sitzblockade unten der Gewaltbegriff des § 240 StGB falle.

    Dazu:

    „Das Bundesverfassungsgericht hatte in der Vergangenheit mehrfach Gelegenheit, die Auslegung des in § 240 Abs. 1 StGB geregelten Gewaltbegriffs durch die Strafgerichte anhand von Art. 103 Abs. 2 GG zu überprüfen.

    Während das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 11. November 1986 infolge Stimmengleichheit den sogenannten „vergeistigten Gewaltbegriff“ im Ergebnis noch unbeanstandet ließ (vgl. BVerfGE 73, 206 <206, 239 f.>), gelangte es nach erneuter Überprüfung in seinem Beschluss vom 10. Januar 1995 zu der Auffassung, dass eine auf jegliche physische Zwangswirkung verzichtende Auslegung des § 240 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar ist (vgl. BVerfGE 92, 1 <14 ff.>). Für die Konstellation einer Sitzblockade auf einer öffentlichen Straße mit Demonstranten auf der einen und einem einzigen Fahrzeugführer auf der anderen Seite stellte es fest, dass eine das Tatbestandsmerkmal der Gewalt bejahende Auslegung die Wortlautgrenze des § 240 Abs. 1 StGB überschreitet, wenn das inkriminierte Verhalten des Demonstranten lediglich in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung auf den Genötigten nur psychischer Natur ist (vgl. BVerfGE 92, 1 <17>).

    In der Folge entwickelte der Bundesgerichtshof anlässlich von Sitzblockaden auf öffentlichen Straßen mit Demonstranten auf der einen und einem ersten Fahrzeugführer sowie einer Mehrzahl von sukzessive hinzukommenden Fahrzeugführern auf der anderen Seite die sogenannte Zweite-Reihe-Rechtsprechung (vgl. BGHSt 41, 182 <187>; 41, 231 <241>; nachfolgend bestätigt durch: BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 1995 – 1 StR 327/95 -, NJW 1995, S. 2862; vom 23. April 2002 – 1 StR 100/02 -, NStZ-RR 2002, S. 236). Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs benutzt ein Demonstrant bei einer Sitzblockade auf einer öffentlichen Straße den ersten aufgrund von psychischem Zwang anhaltenden Fahrzeugführer und sein Fahrzeug bewusst als Werkzeug zur Errichtung eines physischen Hindernisses für die nachfolgenden Fahrzeugführer (vgl. BGHSt 41, 182 <187>).

    Diese vom zuerst angehaltenen Fahrzeug ausgehende physische Sperrwirkung für die nachfolgenden Fahrzeugführer sei den Demonstranten zurechenbar (vgl. BGHSt 41, 182 <185>).“

    Ferner hatte das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 GG zu prüfen. Dazu:

    „Eine Versammlung ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfGK 11, 102 <108>). Dazu gehören auch solche Zusammenkünfte, bei denen die Versammlungsfreiheit zum Zwecke plakativer oder aufsehenerregender Meinungskundgabe in Anspruch genommen wird (vgl. BVerfGE 69, 315 <342 f.>; 87, 399 <406>). Der Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen, darunter auch Sitzblockaden (vgl. BVerfGE 73, 206 <248>; 87, 399 <406>; 104, 92 <103 f.>).“

    „Bei dieser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Zweck-Mittel-Relation sind insbesondere die Art und das Maß der Auswirkungen auf betroffene Dritte und deren Grundrechte zu berücksichtigen. Wichtige Abwägungselemente sind hierbei die Dauer und die Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten, die Dringlichkeit des blockierten Transports, aber auch der Sachbezug zwischen den in ihrer Fortbewegungsfreiheit beeinträchtigten Personen und dem Protestgegenstand. Das Gewicht solcher demonstrationsspezifischer Umstände ist mit Blick auf das kommunikative Anliegen der Versammlung zu bestimmen, ohne dass dem Strafgericht eine Bewertung zusteht, ob es dieses Anliegen als nützlich und wertvoll einschätzt oder es missbilligt. Stehen die äußere Gestaltung und die durch sie ausgelösten Behinderungen in einem Zusammenhang mit dem Versammlungsthema oder betrifft das Anliegen auch die von der Demonstration nachteilig Betroffenen, kann die Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände möglicherweise eher sozial erträglich und dann in größerem Maße hinzunehmen sein, als wenn dies nicht der Fall ist. Demgemäß ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen auf die Feststellung der Verwerflichkeit einwirkenden Bezug zum Versammlungsthema haben (vgl. BVerfGE 104, 92 <112>). Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob der Abwägungsvorgang der Fachgerichte Fehler enthält, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts beruhen und auch im konkreten Fall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 104, 92 <113>).“

    Nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht lag entgegen der Auffassung des Landgerichts zunächst eine Versammlung vor, sodass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eröffnet ist. Sodann hatte das Gericht zu klären, ob der Eingriff in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit gerechtfertigt ist. Der vorliegende Eingriff könne danach nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit seine Rechtfertigung finden. Dies sei hier nicht das Fall. Eine Abwägung ergebe, dass der Eingriff in der Versammlungsfreiheit des Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt ist. In dem Beschluss des Landgerichts liegt damit zwar kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG, allerdings ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 GG.


  • BGH, Beschluss vom 26.05.2011, Az.: 3 StR 318/10

    Das Landgericht Wuppertal hat die Angeklagten jeweils wegen „schwerer räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

    Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
    Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten im Autohandel tätig. Die Geschädigten betrieben einen Kfz-Ersatzteilhandel. Die Beteiligten kannten sich über ihre Geschäftsbeziehungen.
    Die Angeklagten suchten die Geschädigten auf, um einen von ihnen für 250 Euro erworbenen defekten Airbag umzutauschen. Zudem wollten sie sich aus einem anderen Geschäft 100 Euro zurückzahlen lassen. Dabei gab es Probleme, sodass die Angeklagten stattdessen ein Lenkgetriebe im Wert von 450 Euro mitnehmen wollten. Sodann gingen die Angeklagten zu ihrem Auto, angeblich um die fehlenden 100 Euro zu holen. Die Geschädigten vertrauten auf den Zahlungswillen. Als die Geschädigten feststellten, dass die Angeklagten das Gelände ohne zu zahlen verlassen wollen, wollten sie diese daran hindern. Sie gingen zu dem Auto der Angeklagten und es entstanden neue „Verhandlungen“. Dabei allerdings zog einer der Angeklagten während der Drehbewegung sein Messer, mit dem er in Kopfhöhe in Richtung eines Geschädigten stach.

    Der BGH sah hier entgegen des Landgerichts keine schwere räuberische Erpressung.

    „Zwar hat der Geschädigte K. einen Vermögensnachteil erlitten, indes beruhte dieser nicht erst auf der körperlichen Einwirkung durch die Angeklagten. Er war vielmehr schon in dem Augenblick eingetreten, als der Geschädigte irrtumsbedingt den Kaufvertrag abschloss und das Lenkgetriebe übereignete. Erst als er den fehlenden Zahlungswillen entdeckt hatte und die Wegfahrt der Angeklagten zu verhindern suchte, wendeten diese Gewalt an, um ihn zum Verzicht auf seine Forderung zu bewegen. Es liegt deshalb eine so genannte Sicherungserpressung vor, d.h. ein Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) mit anschließender – nach Entdeckung begangener – Nötigung (§ 240 StGB) zum Zwecke der Sicherung des betrügerisch erlangten Vermögensvorteils.“

    „Die Feststellungen legen es vielmehr nahe, dass das Nötigungsmittel erst aufgrund eines nach Abschluss der betrügerischen Handlung und nach Eintritt des Betrugsschadens spontan gefassten Entschlusses eingesetzt wurde. In einem solchen Fall ist die Tat weder von Anfang an durch nötigende Elemente geprägt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1983 – 4 StR 405/83, NJW 1984, 501) noch führt die spätere Nötigungshandlung zu einer Vertiefung des bereits eingetretenen Vermögensnachteils; es fehlt damit an der Kausalität zwischen der Nötigungsfolge und dem Nachteilseintritt, denn der Vermögensschaden ist bereits zuvor durch den Gewahrsamswechsel eingetreten, dem anschließenden (vorläufigen) Verzicht auf die Geltendmachung von (Rück-) Forderungsansprüchen kommt dabei keine eigenständige Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, NJW 1984, 500; AG Tiergarten, Urteil vom 16. Oktober 2008 – (257 Ls) 52 Js 4301/08 (16/08), NStZ 2009, 270; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 25 mwN). Die Gewaltanwendung beeinflusste die Vermögenssituation des Geschädigten K. als solche nicht. Da ihm die Person seines Schuldners bekannt war, wurde auch die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung durch die Schläge nicht beeinträchtigt.“

    Somit liegt im vorliegenden Fall nach Ansicht des BGH keine räuberische Erpressung vor. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Gewalt nicht unmittelbar nach der Täuschung eingesetzt worden ist, um das Opfer zu nötigen, die Vermögensschädigung abschließend hinzunehmen.


  • BGH, Beschluss vom 26.05.2011, Az.: 3 StR 318/10

    Das Landgericht Wuppertal hat die Angeklagten jeweils wegen „schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

    Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
    Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten im Autohandel tätig. Die Geschädigten betrieben einen Kfz-Ersatzteilhandel. Die Beteiligten kannten sich über ihre Geschäftsbeziehungen.
    Die Angeklagten suchten die Geschädigten auf, um einen von ihnen für 250 Euro erworbenen defekten Airbag umzutauschen. Zudem wollten sie sich aus einem anderen Geschäft 100 Euro zurückzahlen lassen. Dabei gab es Probleme, sodass die Angeklagten stattdessen ein Lenkgetriebe im Wert von 450 Euro mitnehmen wollten. Sodann gingen die Angeklagten zu ihrem Auto, angeblich um die fehlenden 100 Euro zu holen. Die Geschädigten vertrauten auf den Zahlungswillen. Als die Geschädigten feststellten, dass die Angeklagten das Gelände ohne zu zahlen verlassen wollen, wollten sie diese daran hindern. Sie gingen zu dem Auto der Angeklagten und es entstanden neue „Verhandlungen“. Dabei allerdings zog einer der Angeklagten während der Drehbewegung sein Messer, mit dem er in Kopfhöhe in Richtung eines Geschädigten stach.

    Der BGH sah hier entgegen des Landgerichts keine schwere räuberische Erpressung und führte dazu aus:

    „Zwar hat der Geschädigte K. einen Vermögensnachteil erlitten, indes beruhte dieser nicht erst auf der körperlichen Einwirkung durch die Angeklagten. Er war vielmehr schon in dem Augenblick eingetreten, als der Geschädigte irrtumsbedingt den Kaufvertrag abschloss und das Lenkgetriebe übereignete. Erst als er den fehlenden Zahlungswillen entdeckt hatte und die Wegfahrt der Angeklagten zu verhindern suchte, wendeten diese Gewalt an, um ihn zum Verzicht auf seine Forderung zu bewegen. Es liegt deshalb eine so genannte Sicherungserpressung vor, d.h. ein Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) mit anschließender – nach Entdeckung begangener – Nötigung (§ 240 StGB) zum Zwecke der Sicherung des betrügerisch erlangten Vermögensvorteils.“

    „Die Feststellungen legen es vielmehr nahe, dass das Nötigungsmittel erst aufgrund eines nach Abschluss der betrügerischen Handlung und nach Eintritt des Betrugsschadens spontan gefassten Entschlusses eingesetzt wurde. In einem solchen Fall ist die Tat weder von Anfang an durch nötigende Elemente geprägt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1983 – 4 StR 405/83, NJW 1984, 501) noch führt die spätere Nötigungshandlung zu einer Vertiefung des bereits eingetretenen Vermögensnachteils; es fehlt damit an der Kausalität zwischen der Nötigungsfolge und dem Nachteilseintritt, denn der Vermögensschaden ist bereits zuvor durch den Gewahrsamswechsel eingetreten, dem anschließenden (vorläufigen) Verzicht auf die Geltendmachung von (Rück-) Forderungsansprüchen kommt dabei keine eigenständige Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, NJW 1984, 500; AG Tiergarten, Urteil vom 16. Oktober 2008 – (257 Ls) 52 Js 4301/08 (16/08), NStZ 2009, 270; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 25 mwN). Die Gewaltanwendung beeinflusste die Vermögenssituation des Geschädigten K. als solche nicht. Da ihm die Person seines Schuldners bekannt war, wurde auch die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung durch die Schläge nicht beeinträchtigt.“

    Somit liegt im vorliegenden Fall nach der Entscheidung des 3. Strafsenats des BGH keine räuberische Erpressung vor. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Gewalt nicht unmittelbar nach der Täuschung eingesetzt worden ist, um das Opfer zu nötigen, die Vermögensschädigung abschließend hinzunehmen.


  • Das Landgericht Rostock hatte den Angeklagten unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Schwerin wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen versuchter Nötigung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Dabei wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus dem amtsgerichtlichen Urteil aufrechterhalten.

    Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, welche im Rechtsfolgenausspruch erfolgreich war.

  • 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts, Az.: 1 BvR 388/05

    Der Beschwerdeführer wurde aufgrund einer Sitzblockade auf einer Straße wegen Nötigung vom AG zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Das Verhalten des Beschwerdeführers und der Mitangeklagten sei nach Ansicht des AG als Gewalt zu qualifizieren.

    Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer mit dem Rechtsmittel der Berufung. Diese wurde jedoch durch das LG verworfen. Nach Auffassung des Landgerichts hätten die Demonstranten durch die Sitzblockade gegenüber denjenigen Fahrzeugführern Gewalt ausgeübt, die durch vor ihnen anhaltende Fahrzeuge an der Weiterfahrt gehindert worden seien. Auch hätten die Demonstranten rechtswidrig i.S.v. § 240 II StGB gehandelt, da sich die Ausübung der Gewalt nicht im schlichten Blockieren des Straßenverkehrs erschöpft habe, sondern Mittel zum Zweck der Erregung von Aufmerksamkeit für bestimmte politische Zwecke gewesen sei.
    Gegen diese Entscheidung des LG geht der Beschwerdeführer nun mit einer Verfassungsbeschwerde vor. Dabei rügt er eine Verletzung des aus Art. 103 II GG folgenden Analogieverbots sowie der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 I GG. Nach seiner Ansicht sei die von dem LG herangezogene sogenannte Zweite-Reihe-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Gewaltbegriff in § 240 I StGB sei mit Art. 103 II GG nicht vereinbar.

    Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg, der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Entscheidung des Landgerichts für verfassungswidrig erklärt. Zwar verstoße der angegriffene Beschluss des LG nicht gegen das aus Art. 103 II GG folgende Analogieverbot, jedoch sei die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Rüge der Verletzung des Art. 8 I GG (Versammlungsfreiheit) offensichtlich begründet.

    Aus dem Wortlaut des Beschluss:

    „Die Ausführungen des Landgerichts unterliegen bereits im Ausgangspunkt verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat bei der Abwägung den Zweck der Sitzblockade, Aufmerksamkeit zu erregen und so einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, als einen für die Verwerflichkeit der Tat sprechenden Gesichtspunkt zulasten des Beschwerdeführers gewertet, obwohl dieses sogar den sachlichen Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eröffnet und damit eine Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit und den hierdurch betroffenen Rechtsgütern Dritter überhaupt erst erforderlich macht. Des Weiteren hat das Landgericht verkannt, dass der Kommunikationszweck nicht erst bei der Strafzumessung, sondern im Rahmen der Verwerflichkeitsklausel gemäß § 240 Abs. 2 StGB, mithin bereits bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit, zu berücksichtigen ist.

     

    Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist des Weiteren, dass das Landgericht bei der Abwägung die Dauer der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, die Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten, die Dringlichkeit des blockierten Transports sowie die Anzahl der von ihr betroffenen Fahrzeugführer gänzlich außer Betracht gelassen hat.

     

    Schließlich hat das Landgericht mit verfassungsrechtlich nicht tragfähiger Begründung den Sachbezug zwischen dem Protestgegenstand und den in ihrer Fortbewegungsfreiheit beeinträchtigten Personen verneint. Der Argumentation des Landgerichts, dass die unter Umständen betroffenen US-amerikanischen Staatsbürger und Soldaten die Irakpolitik der US-amerikanischen Regierung nicht beeinflussen könnten, so dass die Aktion von ihrem Kommunikationszweck her betrachtet ungeeignet gewesen sei, scheint die Annahme zugrunde zu liegen, dass ein derartiger Sachbezug nur dann besteht, wenn die Versammlung an Orten abgehalten wird, an denen sich die verantwortlichen Entscheidungsträger und Repräsentanten für die den Protest auslösenden Zustände oder Ereignisse aktuell aufhalten oder zumindest institutionell ihren Sitz haben. Eine derartige Begrenzung auf Versammlungen im näheren Umfeld von Entscheidungsträgern und Repräsentanten würde jedoch die Inanspruchnahme des Grundrechts der Versammlungsfreiheit mit unzumutbar hohen Hürden versehen und dem Recht der Veranstalter, grundsätzlich selbst über die ihm als symbolträchtig geeignet erscheinenden Orte zu bestimmen, nicht hinreichend Rechnung tragen. Überdies besteht vorliegend umso weniger Anlass an dem Sachbezug zwischen dem Protestgegenstand der Aktion und den in ihrer Fortbewegungsfreiheit beeinträchtigten Personen zu zweifeln, als sich unter den betroffenen Fahrzeugführern nicht nur US-amerikanische Staatsbürger, sondern auch Mitglieder der US-amerikanischen Streitkräfte befanden, die, wenn nicht in die unmittelbare Durchführung, so doch jedenfalls in die Organisation der kritisierten militärischen Intervention im Irak eingebunden waren.“

    Auf die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde erklärte das Bundesverfassungsgericht das angegriffen Urteil für verfassungswidrig.

    Es handelt sich um eine zentrale und äußerst wichtige Entscheidung des BVerfG, mit dem dieses seine an der Sitzblokaden-Entscheidung entwickelte Rechtsprechung im Bereich des Tatbestandes der Nötigung iSd. § 240 StGB konsequent im Lichte der verfassungsrechtlich durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit anwendet, gleichzeitig ein großer Erfolg für den Beschwerdeführer, der durch alle Instanzen mit langem Atem erkämpft werden musste. Leider muss gerade in den letzten Jahren das Bundesverfassungsgericht vermehrt eingreifen, so auch insbesondere bei verfassungswidrigen Entscheidungen zur Untersuchungshaft (U-Haft).


  • Das AG Darmstadt verurteilte den Angeklagten wegen Nötigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 Tagessätzen á 60,- €. Dagegen ging der Angeklagte mit der Berufung vor, woraufhin ihn das LG Darmstadt vom Vorwurf der Nötigung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat.

    Dazu stellte das LG fest, dass der Angeklagte und der Zeuge früher bereits häufiger in Streit geraten waren, als der Zeuge mit seinem Motorrad über das Grundstück des Angeklagten gefahren war. Der Zeuge sei erneut über das Grundstück des Angeklagten gefahren. Als dieser wieder wegfahren wollte, habe sich der Angeklagte ihm in den Weg gestellt und ihn aufgefordert, das Fahren über sein Grundstück zu unterlassen. Der Angeklagte habe dabei einen Stock in der Hand gehalten, worauf der Zeuge gefragt habe, ob dieser ihn schlagen wolle. Der Angeklagte habe etwas gesagt und sich entfernt.

    Dadurch sei der Tatbestand der Nötigung nicht erfüllt gewesen, da weder Gewalt noch eine Drohung mit einem empfindlichen Übel gegeben seien. Es sei nicht erwiesen, dass der Angeklagte den Stock als Mittel zur Drohung eingesetzt habe.

    Gegen den Freispruch legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, um zum Nachteil des Angeklagten doch noch eine Verurteilung zu erwirken.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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