Staatsanwaltschaft

  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 026/2012 vom 20.02.2012

    Mit dem vorliegenden Beschluss bestätigt der BGH den Freispruch eines Lehrers vom Vorwurf der Vergewaltigung  einer Kollegin an der hessischen Gesamtschule.

    Pressemitteilung:

    Bundesgerichtshof bestätigt Freispruch eines Lehrers vom Vorwurf der Vergewaltigung

    Die Staatsanwaltschaft Darmstadt legte dem als Lehrer tätigen Angeklagten zur Last, am 28. August 2001 während einer Pause eine Kollegin im Biologie-Vorbereitungsraum einer hessischen Gesamtschule vergewaltigt und geschlagen zu haben.

    Der Angeklagte war zunächst durch Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2002 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Zugleich war seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 13. Dezember 2002 verworfen. Der Angeklagte verbüßte die Freiheitsstrafe nach Beendigung der Unterbringung vollständig. Auf seinen Antrag ordnete das hierfür zuständige Landgericht Kassel durch Beschluss vom 13. April 2011 die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an. Durch Urteil vom 5. Juli 2011 hob das Landgericht Kassel das Urteil des Landgerichts Darmstadt auf und sprach den Angeklagten frei. Das Landgericht gewann die Überzeugung, dass die angeklagte Tat sich nicht zugetragen hat und die entsprechenden Angaben der Nebenklägerin als falsch zu werten sind.

    Gegen diesen Freispruch richtete sich die Revision der Nebenklägerin, die eine Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend machte.

    Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 9. Februar 2012 die Revision verworfen, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler ergeben hat. Das freisprechende Urteil des Landgerichts Kassel ist damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 9. Februar 2012 – 2 StR 534/11

    Landgericht Kassel – Urteil vom 5. Juli 2011 – 1620 Js 16973/08 1 KLs

    Karlsruhe, den 26. Februar 2012

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
    76125 Karlsruhe
    Telefon (0721) 159-5013
    Telefax (0721) 159-5501


  • Nachdem Christian Wulff am Freitag von seinem Amt als Bundespräsident zurückgetreten ist, erübrigt sich die Frage nach der Aufhebung seiner Immunität durch den Bundestag. Denn: durch den Rücktritt verliert Wulff automatisch seine Immunität. Daher kann die Staatsanwaltschaft nun mit den Ermittlungen beginnen.

    Wie es weiter geht, richtet sich nach dem Ermittlungserfolg der Staatsanwaltschaft.

    So heißt es in § 170 StPO:

    (1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
    (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

    Folglich hat Wulff mit der Erhebung der Anklage zu rechnen, falls die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dafür Anlass bieten.

    Jetzt beginnt zugleich die Suche nach einem neuen Bundespräsidenten. Dieser wird gemäß Art. 54 I Satz 1 GG von der Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung setzt sich aus den Mitgliedern des Bundestags und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, welche von den Landesparlamenten bestimmt werden zusammen. Gemäß Art. 54 IV Satz 1 GG hat die Bundesversammlung dreißig Tage Zeit, einen Nachfolger zu bestimmen. Die Bundesregierung berät bereits über mögliche Kandidaten.

    Eine weitere Frage bezüglich Wulff ist zu klären: Bekommt er den sogenannten „Ehrensold“? Diese Frage regelt grundsätzlich das Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten (BPräsRuhebezG). Nach § 1  BPräsRuhebezG erhält ein Bundespräsident mit Ablauf seiner Amtszeit oder sofern er vorher aus politischen oder gesundheitlichen Gründen aus seinem Amt ausscheidet, einen Ehrensold. Hier ist folglich zu klären, ob Wulff wirklich aus politischen oder doch eher aus privaten Gründen zurückgetreten ist. Für einen Rücktritt aus politischen Gründen spricht zunächst, dass angeführt wurde, dass gerade sein Amt mit den Ermittlungen nicht vereinbar sei. Allerdings sind diese Ermittlungen ja auf private Gründe zurückzuführen. Es ist daher abzuwarten, wie der Rücktritt des Ex-Bundespräsidenten bewertet wird. Es geht hierbei um rund 200.000 Euro jährlich für Wulff.


  • Wie bekannt wurde, will die Staatsanwaltschaft Hannover eventuell Anklage gegen den derzeitigen Bundespräsidenten Christian Wulff erheben. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass sich Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) beziehungsweise Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) schuldig gemacht habe.

    Die Einleitung des Ermittlungsverfahren allerdings ist gar nicht so einfach. Denn: Während seiner Amtszeit genießt der Bundespräsident – wie auch grundsätzlich alle Bundestagsabgeordneten – strafrechtliche Immunität. Das heißt, dass er strafrechtlich nicht einfach verfolgt werden kann. Ermittlungen können danach erst geführt werden, wenn seine Immunität aufgehoben wurde.

    Die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten ist in der Geschichte noch nicht vorgekommen und wirft einige Fragen auf. Das Verfahren wird nun ähnlich wie bei Bundestagsabgeordneten ablaufen. Danach ist die Zustimmung des Bundestags erforderlich. Wird dann die Immunität des Bundespräsidenten aufgehoben, so kann die Staatsanwaltschaft gegen Wulff ermitteln. Dann kann es zur Anklage oder zur Einstellung des Verfahrens kommen.

    So wie es momentan aussieht, soll die Immunität Wulffs relativ schnell aufgehoben werden, um den Weg für Ermittlungen frei zu machen. Insbesondere soll dies der Rechtsstaatlichkeit gerecht werden. Denn es soll ja jeder vor dem Gesetz gleich sein. Also müssen auch Ermittlungen gegen den Bundespräsidenten möglich sein. Grundsätzlich… Aber die „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“ ist nach § 90 StGB strafbar. Steht er also über dem Gesetz? Das muss zweifelsfrei verneint werden. Und Ermittlungen abzulehnen, weil er nun einmal (zumindest formal) das höchste Amt in Deutschland innehat ist, ist fraglich. So dass man wohl zu dem Ergebnis kommen muss, dass strafrechtliche Ermittlungen mit einem ausreichenden Anfangsverdacht und der Zustimmung und damit auch Prüfung durch den  Bundestag grundsätzlich möglich sein müssen. Allerdings sollte zu jeden Zeit auch die Unschuldsvermutung bestehen bleiben. Denn wenn jeder strafrechtliche Konsequenzen für sein Handeln zu tragen hat, so muss auch jedem in gleichem Maße die Unschuldsvermutung zu Gute kommen. Das sollte nicht vergessen werden…!


  • Quelle: Pressemitteilung des Strafsenats des BGH Nr. 023/2012 vom 09.02.2012

    Das passiert auch nicht alle Tage: Der 2. Strafsenat entscheidet trotz seiner Bedenken hinsichtlich der Besetzung  und verwirft die Revision der Staatsanwaltschaft aus den folgenden Gründen.

    Pressemitteilung:

    Spruchgruppe des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs entscheidet in der Sache trotz
    fortbestehender Bedenken gegen seine ordnungsgemäße Besetzung

    Der 2. Strafsenat hat in einer Strafsache, in der er am 11. Januar 2012 die Hauptverhandlung wegen Bedenken an der Ordnungsgemäßheit seiner Besetzung ausgesetzt hatte, am 8. Februar 2012 erneut verhandelt. Er hat nunmehr in der Sache entschieden und die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision verworfen.  

    Der Entscheidung ging folgendes voraus: Durch Beschluss vom 11. Januar 2012 hatte der Senat zunächst die Revisionshauptverhandlung ausgesetzt, um die Sache dem Präsidium des Bundesgerichtshofs vorzulegen. Grund war, dass nach Ansicht der zur Entscheidung berufenen Spruchgruppe der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt ist, weil der ihm durch den Jahresgeschäftsverteilungsplan zugewiesene Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann zugleich den Vorsitz im    4. Strafsenat führt (siehe PM 4/12 vom 13.1.2012).  

    Veranlasst durch diesen Beschluss hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs am 18. Januar 2012 einstimmig beschlossen, dass an dem Beschluss vom                  15. Dezember 2011, mit dem VRIBGH Dr. Ernemann der Vorsitz des 2. und zugleich des 4. Strafsenats übertragen worden ist, festgehalten werde.  

    Die Spruchgruppe des Senats hat es nunmehr – unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsauffassung – mit Blick auf das rechtsstaatliche Beschleunigungsgebot sowie das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsschutzgewährung für geboten erachtet, in der Sache zu entscheiden.  

    Ebenfalls am 8. Februar 2012 hat der 2. Strafsenat in derselben Spruchgruppe Beschlüsse nach § 349 Abs. 2 und 4 StPO gefasst, mithin Sachentscheidungen getroffen, die nach der Strafprozessordnung nur einstimmig herbeigeführt werden können.  

    Die Rechtsprechung im 2. Strafsenat ist damit wieder von allen Spruchgruppen aufgenommen worden.

    Urteil vom 8. Februar 2012 – 2 StR 346/11

    Landgericht Gera – Urteil vom 4. April 2011 – 450 Js 2586/10 2 KLs jug  

    Karlsruhe, den 9. Februar 2012


  • Seit Wochen wird das Thema „Kredit-Affäre“ von Bundespräsidenten Christian Wulff in den Medien diskutiert und längst wurde der Spielball der zuständigen Staatsanwaltschaft zugespielt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart reagierte und gab heute bekannt, dass sie die Ermittlungen mangels Anfangsverdacht jetzt vorerst einstellen. Im Raum stand unter anderem der Verdacht wegen Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung sowie Untreue im Zuge der günstigen Konditionen durch die BW-Bank.

    So erklärte die Staatsanwaltschaft jetzt gegenüber den Medien, dass sich „weder aus dem Vorbringen der Anzeigeerstatter noch aus den bisherigen Presseveröffentlichungen und den durch die Bank vorgelegten Unterlagen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat ergeben“.

    Stattdessen sind weitere brisante Meldungen zu Christian Wulff erschienen. So soll nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ er neben „Upgrades“ von Flugtickets auch einen „VIP-Vertrag“ beim Autokauf erhalten haben. Auch hier sind auffallend günstige Konditionen im Zinssatz gewährt worden. Die Anwälte von Wulff dementierten diesen Bericht.

    Die Diskussion rund um Wulff wird uns somit wohl weiterbeschäftigen.

    ( Quelle: n-tv, 19.01.2012 )


  • Das Schicksal um das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ ist seit Tagen in aller Munde. Immernoch ragt das Luxusschiff völlig verdreht aus dem Wasser kurz vor der Insel Isola del Giglio und die Rettungstaucher und Helfer sind auf der Suche nach Überlebenden und Opfern.

    Ein Teil der Berichterstattung und Ermittlung konzentriert sich mittlerweile auf das Verhalten des 52-jährigen Kapitäns. Dieser soll einerseits einen gefährlichen und ungeplanten Kurs in der Meeresenge gefahren sein, andererseits auch laut einigen Beobachtungen vielerlei Fehler in der Bewältigung des Unglücks vorgenommen haben. So verließ der Kapitän das Schiff recht früh als noch nicht einmal alle Passagiere gerettet und von Board gelassen worden sind.

    Des Weiteren erklärte sich dieser bereits nach der Katastrophe gegenüber den Medien und verwies auf das Navigationsgerät. Diese „Ausreden“ lassen die Ermittler nicht gelten und werteten das Navigationsgerät aus. Demnach sei er vom eigentlichen Kurs abgewichen und habe ein merkwürdiges, absurdes Manöver vorgenommen.

    Nun befindet sich der Kapitän der „Costa Concordia“ aufgrund drohender Fluchtgefahr in Haft. Gegen ihn wird unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Herbeiführens eines Schiffbruchs von der Staatsanwaltschaft ermittelt.

    Unabhängig der strafrechtlichen Ermittlungen drohen der Schiffsgesellschaft zahlreiche Ansprüche und Gerichtsprozesse von den Reisenden bzw. deren Angehörigen. Indes sinkt täglich die Hoffnung auf weitere Überlebende. Die Zahl der Todesopfer wird wahrscheinlich von derzeit 5 noch deutlich ansteigen.

    ( Quelle: n-tv, 15.01.2012 )


  • Es klingt wie ein Albtraum für die Prozessbeteiligten:  Bei einem Prozess im bayrischen Amtsgericht in Dachau ist ein unbekannter Mann „Amok gelaufen“ und hat mitten im Gerichtssaal während der Urteilsverkündung einen Staatsanwalt niedergeschossen. Kurz darauf konnten Justizbeamte den Täter mit vereinten Kräften überwältigen. Derzeit befindet er sich laut Medienberichten in Gewahrsam.

    Wie von einem Sprecher der Staatsanwaltschaft München II gegen über der Presse bekannt gegen wurde, hatte der 54-jährige Mann gegen 16 Uhr im Prozess plötzlich eine Waffe gezogen und mit der Pistole um sich geschossen. Erst ging er auf den Richter los und anschließend feuerte er drei Schüsse auf den aus München stammenden 31-jährigen Staatsanwalt. Dieser erlag wenig später seinen tödlichen Verletzungen. Zuvor hatte bereits der Strafverteidiger erfolglos versucht, den Mann von der Tat abzuhalten.

    Der Täter ist wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt angeklagt. In dem Prozess geht es um knapp 44.000 Euro an Schaden. Er wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt, bevor er die Nerven verlor und auf den Richter zu schießen begann.

    Bislang ist noch unklar, wie der Täter die Waffe in den Gerichtssaal bei sich führen konnte. Anscheinend gab es keine Personenkontrollen am Eingang. Solche sind nicht Pflicht und fehlen in einigen Bundesländern. Es ist zudem vom Richter anzuordnen, wenn besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden sollen. Hier handelte es sich um ein Routineverfahren ohne größere Sicherheitsbedenken.

    Näheres zum Tatmotiv ist noch nicht bekannt.

    ( Quelle: SPON, 11.01.2012)


  • Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat Anklage gegen einen 30-Jährigen erhoben. Ihm wird vorgeworfen eine junge Frau in seiner Wohnung gefangen gehalten zu haben. Angeklagt wird er wegen Freiheitsberaubung, versuchter Geiselnahme und Verstöße gegen die Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetz, weil die Polizei bei einer Hausdurchsuchung auch selbst gebastelten Sprengstoff entdeckte. Nach Angaben des Mannes, wollte er mit der Frau ein Kind zeugen.

    Die junge Frau konnte im August aus ihrem Gefängnis fliehen, indem sie aus dem Fenster der Wohnung sprang. Dabei wurde sie von Anwohnern beobachtet, die die Polizei alarmierten. So konnte der Mann damals schnell festgenommen werden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

    In einem Gutachten soll geklärt werden, ob der Mann zum Tatzeitpunkt schuldfähig war.

    ( Quelle: Welt online vom 23.12.2011 )


  • Thüringer OLG, Beschluss vom 15.04.2011, Az.: 1 Ws 129/11

    Wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelte die Staatsanwaltschaft Erfurt seit dem 27.11.2009 gegen den Beschuldigten und zwei Mitbeschuldigte.

    Das Amtsgericht Erfurt hat mit Beschluss vom 15.06.2010 gemäß §§ 111b Abs. 2 und Abs. 5, 111d, 111e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 261 Abs. 7, 74c (§§ 261 Abs. 1, 53 StGB) – ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten gemäß § 33 Abs. 4 StPO – zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung des Wertersatzes für den Freistaat Thüringen den dinglichen Arrest in Höhe von 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet und mit weiterem Beschluss vom 15.06.2010 (Az.: 48 Gs 1426/10) in Vollziehung des Arrestes sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen des Beschuldigten, insbesondere aus einer Kontoverbindung in Höhe von 12.000.000,00 EUR gepfändet.
    Gegen den Beschluss durch den der dingliche Arrest in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet worden ist, hat der Beschuldigte Beschwerde eingelegt. Dieser hat das Amtsgericht nicht abgeholfen, sondern sie dem Landgericht Erfurt zur Entscheidung vorgelegt.
    Die Staatsanwaltschaft beantragte nach § 111b Abs. 3 Satz 2 StPO den angeordneten dinglichen Arrest über das Vermögen des Beschuldigten in Höhe von 12.000.000,00 EUR zu verlängern. Hierüber ist noch keine Entscheidung ergangen.
    Das Landgericht Erfurt den angefochtenen Beschluss und die Anordnung des dinglichen Arrestes über 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten aufgehoben.
    Hiergegen wiederum hat die Staatsanwaltschaft Erfurt weitere Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, gemäß § 307 Abs. 2 StPO die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Das Landgericht hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen, allerdings die Vollziehung bis zur Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts über die weitere Beschwerde ausgesetzt.

    Dazu das OLG:

    „Der Auffassung, dass § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur die weitere Beschwerde gegen eine den dinglichen Arrest anordnende oder bestätigende Beschwerdeentscheidung eröffnet (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.11.2007, Az.: 2 Ws 942/07, wistra 2008, 78 ff), nicht aber gegen eine den Arrest aufhebende oder seine Ablehnung bestätigende Entscheidung, folgt der Senat nicht.
    Der Wortlaut des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zwingt nicht zu dieser Auslegung. Denn zu der Gesetzesformulierung in Nr.1 und 2 dieser Vorschrift („Wenn die Beschlüsse eine Verhaftung oder eine einstweilige Unterbringung betreffen“) besteht kein entscheidender Unterschied. In den Fällen einer Verhaftung oder einstweiligen Unterbringung ist aber unbestritten, dass jeweils auch die die Haft- oder Unterbringung aufhebende Beschwerdeentscheidung mit der weiteren Beschwerde anfechtbar ist (OLG Celle, Beschluss vom 20.05.2008, Az.: 2 Ws 155/08, StV 2009, 120 ff.). Dass gesetzgeberisches Motiv für die Einführung des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO das besondere Schutzinteresse des Beschuldigten gegenüber ihn erheblich belastenden Vermögensbeschlagnahmen trotz noch fehlenden Tatnachweises war, spricht ebenfalls nicht dafür, der Staatsanwaltschaft die weitere Beschwerde gegen eine den Arrest aufhebende oder seine Ablehnung bestätigende Beschwerdeentscheidung zu versagen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber sich nicht mit einer nach Beteiligten oder An- bzw. Nichtanordnung des Arrestes differenzierenden Ausgestaltung der Statthaftigkeit weiterer Beschwerde befasst, sondern allein den Rechtsmittelschutz des von einem Arrest Betroffenen erörtert hat (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 27.11.2008, Az.: 2 Ws 197/08, StV 2009, 122 f.). Hinzu kommt, dass auch die erweiterten Anfechtungsmöglichkeiten von Haft- und Unterbringungsentscheidungen ihren Grund in erster Linie in dem Schutzinteresse des noch nicht verurteilten Beschuldigten gegenüber massiven staatlichen Eingriffen haben. Das besagt aber gerade noch nicht, dass das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde ausschließlich dem Beschuldigten zustehen sollte. Hätte dies dem Willen des Gesetzgebers entsprochen, wäre eine ausdrückliche Regelung zu erwarten gewesen, zumal § 310 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StPO, wie dem Gesetzgeber bei Einführung der Nr. 3 bekannt war, nach allgemeiner Ansicht abweichend ausgelegt werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine solche einschränkende Absicht des historischen Gesetzgebers lassen sich aber dem Gesetzgebungsverfahren nicht entnehmen. Vor diesem Hintergrund ist aus systematischen Gründen der Auslegung der Vorzug zu geben, nach der auch gegen die Arrestanordnung aufhebende Beschwerdeentscheidungen eine weitere Beschwerde statthaft ist (OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.05.2007, Az.: Ws 54/07).
    Der Hinweis darauf, dass asymmetrische Anfechtungsmöglichkeiten der StPO auch sonst nicht fremd seien, wie dies etwa die Regelung des § 210 StPO zeige, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn dort ist gerade ausdrücklich und unmissverständlich in § 210 Abs. 1 StPO die Unanfechtbarkeit des Eröffnungsbeschlusses für den Angeklagten als Ausnahmetatbestand geregelt. An einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung einseitiger Anfechtbarkeit fehlt es in § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO jedoch (OLG Hamburg, a.a.O.).“

    Damit bewertet das OLG die zweite Beschwerde der Staatsanwaltschaft als zulässig.

    Auch wenn zunächst eine Beschwerdeentscheidung gegen die Anordnung des dinglichen Arrest ergangen ist, kann die Staatsanwaltschaft eine weitere Beschwerdemöglichkeit zu, sofern die  Voraussetzungen des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO vorliegen. Im vorliegenden Fall war die daher zulässige Beschwerde der Staatsanwaltschaft jedoch unbegründet.


  • Im Rahmen der Ausschreitungen in Großbritannien kommt es derzeit zu unzähligen Schnellverfahren. Dabei werden die Festgenommenen von der Polizei dem Haftrichtern vorgeführt.

    In Deutschland wäre dies so nicht möglich. Denn anders als in Deutschland ist in Großbritannien nicht die Staatsanwaltschaft die „Herrin über das Ermittlungsverfahren“, sondern die Polizei. Daher erhebt auch die Polizei zunächst eine vorläufige Anklage kurz nach einer Festnahme, welche später jedoch durch eine zweite endgültige Anklage am Ende der Ermittlungen konkretisiert wird. Erst dann wird die Sache an die Staatsanwalt abgegeben. In Deutschland gibt die Polizei die Sache bereits wesentlich früher an die Staatsanwaltschaft ab, welche dann die Ermittlungen leitet und überwacht. Nach Abschluss der Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft (gegebenenfalls) Anklage gemäß § 152 I StPO, beantrag einen Strafbefehl oder stellt das Verfahren ein.

    Außerdem wird der Angeklagte in Großbritannien bereits zu Beginn eines Prozesses zu seiner Schuld befragt. Gesteht der Angeklagte darauf die Tat, kommt es direkt zu einer Verurteilung. In Deutschland wäre auch dies undenkbar. Hier hat das Gericht – auch im Falle eines Geständnisses – noch die Beweisaufnahme durchzuführen. Ein Geständnis führt demnach nicht zwingend zu einer Verurteilung, sofern das Gericht Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Aussage hat.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt online vom 12.08.2011 )


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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