Widerrechtliche Bewährungsauflage muss nicht erfüllt werden

Die Freiheitsstrafe hat massive negative Auswirkungen auf das Leben eines Menschen. In der Regel geht die Entziehung der Freiheit mit einem Verlust von Arbeitsplatz und Wohnung daher. Zusätzlich drohen auch gesellschaftliche Nachteile. Aus diesem Grund sieht das Gesetz für Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren die Möglichkeit der Aussetzung auf Bewährung gemäß § 56 StGB vor, die mit Hilfe eines Rechtsanwalts bzw. Strafverteidigers im Prozess angezielt werden kann.

Während der Bewährungszeit können dem Verurteilten Auflagen und Weisungen nach § 56b StGB oder § 56c StGB auferlegt werden. Der Unterschied zwischen Auflagen und Weisungen liegt in ihrer Zielrichtung. Während Auflagen der Genugtuung des begangenen Unrechts dienen sollen, sollen Weisungen zukünftige Straftaten verhindern. Als Weisungen kommt auch eine mögliche Therapie in Betracht, gegebenenfalls unter der Kontrolle per Drogenscreenings. Möglich ist auch die Anordnung einer Bewährungsauflage, dass kein Alkohol konsumiert werden darf. Hier muss der jeweilige Einzelfall betrachtet werden und je Stärke der Suchtkrankheit und des Therapiewillens. Darüber hinaus muss bei Therapieanordnungen der Beschuldigte auch einwilligen.

Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung?

Der § 56f StGB sieht den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung vor. Meist geschieht dies auf Antrag der Staatsanwaltschaft; zum Beispiel bei weiteren Straftaten innerhalb der Bewährungszeit, dem gröblichen oder beharrlichen Verstoß gegen Weisungen oder Auflagen oder dem beharrlichen Entziehen seines Bewährungshelfers. Liegt solch ein Widerrufsgrund vor, muss das Gericht die Strafaussetzung widerrufen. Ein Ermessen steht dem Gericht bei dem Bewährungswiderruf nicht zu.
Vom Widerruf der Strafaussetzung wird jedoch abgesehen, soweit eine Bedingung des § 56f Abs. 2 StGB erfüllt ist. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn es ausreicht, weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen oder aber die Bewährungszeit zu verlängern. Hier hat das Gericht also einen gewissen Spielraum, um den Widerruf der Strafaussetzung noch einmal zu verhindern und von einer Freiheitsstrafe abzusehen.

Wann ist eine neue Auflage rechtmäßig?

Das Gericht darf aber nicht einfach neue Auflagen erteilen, vor allem nicht als „Strafe“ für eine mögliche Unzuverlässigkeit in der Bewährungszeit. Konkret musste das Oberlandesgericht Dresden über einen Widerruf der Strafaussetzung entscheiden, nachdem die betroffene Person seine Bewährungshelferin nur noch sporadisch aufsuchte (OLG Dresden, Beschluss vom 7. September 2012, Az.: 2 Ws 401/12).
Der Mann war wegen Drogenhandel, konkret wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerben von Betäubungsmitteln, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Nachdem die Bewährungshelferin dem Gericht mitteilte, dass der Verurteilte die Besprechungstermine nur noch unzuverlässig wahrnimmt, führte das Gericht einen Anhörungstermin durch. Dabei wurden dem Verurteilen weitere 60 Sozialstunden auferlegt. Eine weitere Begründung lieferte das Gericht nicht.

Keine neuen Auflagen als Strafe

Das OLG Dresden entschied nun, dass diese weiteren Auflagen nicht rechtmäßig waren. Auflagen und Weisungen gemäß §§ 56b und 56c StGB sind nicht schrankenlos verfügbar. Um neue Auflagen zu erteilen, muss mindestens einer der Widerrufsgründe aus § 56f Abs. 1 StGB vorliegen. Liegt kein solcher Fall vor, dürfen auch keine neuen Auflagen nach § 56f Abs. 2 StGB erteilt werden. Denn die Erteilung neuer Auflage ist – genauso wie der Widerruf der Strafaussetzung – keine Strafe, sondern soll lediglich eine Korrektur der fehlerhaften Aussetzungsprognose sein.
Im konkreten Fall käme höchstens das unzuverlässige Aufsuchen der Bewährungshelferin als solch ein Widerrufsgrund in Betracht. Gemäß § 56f Abs. 1 Nr. 2 müsste das Entziehen seines Bewährungshelfers jedoch beharrlich erfolgen. Dazu traf das Gericht bei der Auflagenerteilung jedoch keine weiteren Ausführungen. Somit war die Erteilung der neuen Auflagen widerrechtlich.

Widerrechtliche Auflagen müssen nicht erfüllt werden

Der Strafverteidiger des Mannes hatte mit seiner sofortigen Beschwerde Erfolg. Obwohl der Mann die neue Bewährungsauflage nicht erfüllte, darf die Strafe nicht widerrufen werden. Das OLG Dresden teilte die Auffassung des Rechtsanwalts, dass eine rechtswidrige Auflage nicht erfüllt werden muss. Damit blieb dem Mann trotz Verstoßes gegen die Bewährungsauflage der Haftantritt dank des erfolgreichen Rechtsmittels erspart. Die Rechtsberatung bzw. Strafverteidigung war somit von Erfolg.

Siehe dazu: OLG Dresden, Beschluss vom 7. September 2012, Az.: 2 Ws 401/12

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