Erpressung

  • Mehrere Tausend Internetnutzer erhielten in der letzten Woche unerfreuliche Post. Eine Rechtsanwaltskanzlei mahnte im Namen ihrer Mandantin angebliche Nutzer der mittlerweile sehr bekannten Porno-Seite Redtube gemäß §§ 97, 97a UrhG ab, weil diese einen Pornofilm gesehen haben sollen. Das Besondere: Die Nutzer sollen den Film nicht per Peer2Peer oder Download vervielfältigt im Sinne des Urheberechts oder kopiert haben, sondern lediglich per Online-Streaming angeschaut haben.

  • Gefährliche Werkzeuge sind nur solche Gegenstände, die gegen einen menschlichen Körper in Bewegung gesetzt werden.

    Der Angeklagte soll mit dem Geschädigten zu einem Industrie-Häcksler gegangen sein, um ihn dort zu bedrohen. Das große Gerät ist zum Schreddern von Industriemüll gedacht. Dort forderte der Angeklagt vom ihm nach Feststellungen des Landgerichts Cottbus 400 Euro und drohte damit, dass der Geschädigte sonst im Häcksler landen würde.

  • Es reicht für den Rücktritt iSd § 24 StGB aus, dass der Täter auf das tatbestandliche Nötigungsmittel zum Erreichen seines Erpressungszieles verzichtet.

    Die beiden Angeklagten wollten nach Feststellung des Landgerichts vom Geschädigten 750 Euro erpressen. Nach einigen Schlägen und dem Hinzutreten der Lebensgefährtin des Geschädigten ließen die Angeklagten jedoch von ihrem Plan der weiteren Erpressung ab. Das Landgericht Aachen verneinte einen Rücktritt im Sinne des § 24 Abs. 2 S. 1 StGB, da die Angeklagten nicht endgültig die Forderung über 750 Euro aufgaben.

  • Eine ungeladene Schreckschusspistole ist keine Waffe iSd § 250 StGB.

    Das Landgericht Hanau verurteilte den Angeklagten wegen schweren Raubes, versuchter schwerer räuberischer Erpressung und schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren. Die Strafverteidigung wehrte sich mit der Revision gegen das Urteil.
    Das Landgericht ging davon aus, dass eine ungeladene Schreckschusspistole eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB sei. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt dagegen klar, dass es sich lediglich um ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit b StGB handele.

    Darüber hinaus versagte das Landgericht eine Strafrahmensenkung gemäß § 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB für die versuchte schwere räuberische Erpressung. Dabei wertete das Gericht zu Lasten des Angeklagten, dass er die Einnahmen aus der Tat für seine eigenen persönlichen Bedürfnisse verwenden wollte. Dies kann aber laut BGH nicht strafschärfend gewertet werden:

    „Die Verwendung von Tatbeute für eigene Bedürfnisse des Täters ist regelmäßiges Erscheinungsbild der räuberischen Erpressung und enthält kein zur Strafschärfung berechtigendes schulderschwerendes Element.“

    Im Umfang der Aufhebung muss sich eine andere Strafkammer des Landgerichts mit der Sache erneut beschäftigen. Die Revision hatte damit Erfolg.

    BGH, Beschluss vom 26. September 2012, Az.: 2 StR 262/12


  • Bei der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB muss die selbstschädigende Handlung auf der Nötigung basieren.

    Das Landgericht Neubrandenburg verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung.

    Dagegen richtete sich die Strafverteidigung mit der Revision.

  • Für den erpresserischen Menschenraub muss der Täter die Bereicherung zu einem Zeitpunkt anstreben, an dem er sich noch dem Geschädigten ermächtigt hat.

    Das spätere Tatopfer schoss, weil er zuvor aus der Disco verwiesen wurde, mit einer Gaspistole in die Disco der Angeklagten. Als Folge erlitt einer der Angeklagten Reizungen an den Augen. Mehrere Gäste flohen aus der Gaststätte ohne zu zahlen.

    Am nächsten Tag wollte sich der später Geschädigte entschuldigen. Die Angeklagten schlugen ihn jedoch und hielten ihn in der Gaststätte fest. Ebenfalls forderten sie Schadensersatz vom Geschädigten. Zuerst wollten sie 80.000 Euro, dann 50.000 Euro und letztendlich zumindest 10.000 Euro.

    Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte die Angeklagten wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

    Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts und erstrebt die Verurteilung wegen begangenen erpresserischen Menschenraubes gemäß § 239a StGB und hilfsweise wegen Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB.

  • Die Bedrohungslage der Erpressung muss hinreichend im Sachverhalt aufgeklärt werden.

    Das Landgericht Berlin stellte folgenden Sachverhalt fest: Die beiden Nebenklägerinnen gingen in einer Wohnung gemeinsam der Prostitution nach. Der Angeklagte war Nachbar der Nebenklägerinnen und hatte eine sexuelle Beziehung mit einer der beiden Frauen. Am Tattag betrat der Angeklagte die Wohnung der beiden Frauen und verlangte 1000 Euro. Um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, schlug er mit einer Eisenstange auf die Nebenklägerin ein und drohte damit, ihr Gesicht mit einem Messer zu verunstalten.

    Anschließend nahm der Angeklagte 35 Euro und eine EC-Karte aus der Geldbörse und ging in Begleitung der ihm nahestehenden Nebenklägerin zu einem Geldautomaten. Dort scheiterte jedoch die Geldabhebung. Unverrichteter Dinge schritten Angeklagter und Nebenklägerin zurück in die Wohnung und gingen zu Bett. Als wenig später die Polizei an der Tür klingelte, beteuerte die Nebenklägerin, dass alles in Ordnung sei.

    Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten.

    Dagegen wehrt sich die Strafverteidigung mit der Revision. Diese hatte vor dem BGH Erfolg. Denn der BGH stellt fest, dass die Sachverhaltsaufklärung des Landgerichts mangelhaft war.

  • BGH, Beschluss vom 14.02.2012, Az.: 3 StR 392/11

    Der Angeklagte ergriff nach Feststellung des Landgerichts Duisburg das Handy des Geschädigten. Auf dem Handy wollte er nach Beweisen für eine Beziehung zwischen dem Geschädigten und der Schwester eines Mitangeklagten suchen. Dabei übertrug er die Bilddateien des Handys auf sein eigenes Handy. Bei der Tat soll es dem Angeklagten gleichgültig gewesen sein, ob der Geschädigte das Gerät zurückerlange. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Raubes.

    Die Strafverteidigung rügte die Verurteilung. Es fehle hier an der Zueignungsabsicht im Sinne des § 249 Abs. 1 StGB. Dies sieht auch der BGH so und gibt der Revision der Strafverteidigung statt:

    Danach hat sich der Angeklagte nicht eines Verbrechens des Raubes, sondern nur einer Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht, denn er handelte nicht, wie § 249 Abs. 1 StGB voraussetzt, in der Absicht, das Mobiltelefon sich oder einem Dritten zuzueignen. Weder wollte er sich den Substanz- oder Sachwert des Geräts aneignen, noch hat er dessen Wert durch den vorübergehenden Gebrauch gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 – 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307 zur fehlenden Aneignungskomponente bei der Wegnahme zwecks Inhaftierung; S/S-Eser/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 242 Rn. 53, 55; NK-StGB-Kindhäuser, 3. Aufl., § 242 Rn. 82; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 150). Es fehlt an dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den eines Dritten zu ändern, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 249 Rn. 19a) oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“, „beiseite zu schaffen“, „zu beschädigen“, sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812, 813 jeweils mwN; OLG Köln, Beschluss vom 6. Mai 1997 – Ss 226/97 – 93, NJW 1997, 2611). Dass die vom Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und das Kopieren der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lag, ändert hieran nichts, denn dies führte nicht zu deren Verbrauch (vgl. BayObLG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 – RReg 4 St 158/91, juris, zum Kopieren und Verwerten von auf Diskette gespeicherten Daten; Cramer, CR 1997, 693, 696; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 154).

    Auch bezüglich einer möglichen räuberischen Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, 255 StGB fehle es an der Bereicherungsabsicht. Der bloße Besitz einer Sache bildet nämlich nicht immer einen Vermögensvorteil:

    Auch eine – bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 – 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) – Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt vorliegend nicht in Betracht, denn der Angeklagte handelte nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10 mwN, NStZ 2011, 699, 701; BGH, Beschluss vom 19. August 1987 – 2 StR 394/87, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 1 zu einem Fall der Wegnahme zwecks Beweisvereitelung).“

    Damit hatte die Revision der Strafverteidigung Erfolg. Wegen Raubes oder räuberischer Erpressung hat sich der Angeklagte demnach nicht strafbar gemacht.

  • Das Landgericht verurteilte zwei Angeklagte wegen „gemeinschaftlicher“ gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und räuberischer Erpressung. Gegen das Urteil wehrten sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Angeklagten im Wege der Revision.

    Nach Feststellung des Gerichts lockten die beiden Angeklagten den Geschädigten, von dem sich einer der Täter durch den Geschädigten bestohlen fühlte, zum gemeinsamen Drogenkonsum in eine Wohnung. Dort misshandelten sie ihn körperlich mit Faustschlägen und Tritten. Der Geschädigte gestand aus Angst vor weiteren Misshandlungen den Diebstahl der Sachen. Daraufhin verlangten die Angeklagten neben einer Entschuldigung auch eine Entschädigung. Der Geschädigte bot daraufhin von sich aus an, Geld von seinem Konto abzuheben. Die beiden Angeklagten fuhren mit dem Geschädigten und einer Bekannten des Geschädigten zuerst zu einer Justizvollzugsanstalt. Dort begaben sich die Angeklagten in die Justizvollzugsanstalt. Die Bekannte des Geschädigten kaufte sich währenddessen Zigaretten. Der Geschädigte selbst verweilte etwa 20 Minuten alleine in der Nähe des Fahrzeugs. Später setzten die Vier die Fahrt fort und steuerten eine Bankfiliale an. Dort veranlassten die Angeklagten eine Auszahlung von 500 Euro von dem Konto des Geschädigten und ließen sich die Summe übergeben.

    Das Landgericht verneinte in diesem Fall den erpresserischen Menschenraub gemäß § 239a Abs. 1 StGB. Das Landgericht führt aus, dass zum Zeitpunkt des „Sichbemächtigens“ noch kein Vorsatz bezüglich der späteren Erpressung bestand. Auch die zweite Alternative des § 239a Abs. 1 StGB sei nicht erfüllt, da zum Ausnutzen der Bemächtigungslage ein funktioneller Zusammenhang erforderlich sei. Demnach müssten nach der Vorstellung der Täter die Erpressung während der Dauer der Zwangslage realisiert werden. Während der Wartezeit vor der Justizvollzugsanstalt sei eine Flucht für den Geschädigten jedoch möglich gewesen, somit fehle es am funktionellen Zusammenhang.

    Der BGH schließt sich der rechtlichen Würdigung des Landgerichts dahingehend an, dass die erste Alternative des § 239a Abs. 1 StGB nicht erfüllt sei, da die Angeklagten den Geschädigten zum Zeitpunkt der Bemächtigung lediglich zur Rede stellen wollten. Es fehlt somit am Vorsatz. Bezüglich der zweiten Alternative bewertet der BGH die Rechtslage jedoch anders:

  • Das Landgericht Kiel hat einen ehemaligen Anhänger der Rocker-Szene unter anderem wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei, schwerer Körperverletzung sowie versuchter Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt.

    Nach den Feststellungen des Gerichts war er Angeklagte für Angriffe auf ehemalige Mitglieder oder Mitglieder anderer Gruppierungen mitverantwortlich. Zudem soll er zwei Frauen der Prostitution zugeführt haben.
    Im Prozess sagte der Angeklagte über innere Strukturen der Hells Angels aus. Seine Aussagen führten unter anderem zu großen Razzien. Aus diesem Grund befindet sich der Angeklagte momentan im einen Zeugenschutzprogramm.
    Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert. Die Strafverteidigung forderte eine Strafe von maximal drei Jahren, insbesondere wegen seiner Rolle als Hauptbelastungszeuge.

    ( Quelle: Hamburger Abendblatt online vom 15.06.2012 )


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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