Wird dem Arzt ein Medikamentenbedarf vorgetäuscht, so ist der Betrug bereits durch das Verschreiben vollendet.
Dem Angeklagten wurde vor dem Amtsgericht Stuttgart von der Staatsanwaltschaft Betrug vorgeworfen. Der Angeklagte soll mehreren Kassenärzten eine Krankheit vorgetäuscht haben und dadurch an Rezepte für Schmerzmedikamente gekommen sein. Der Krankenkassen entstand dadurch ein Schaden von über 2.700 Euro. Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten zu einem Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung.
Die dagegen eingelegte Berufung der Strafverteidigung zum Landgericht Stuttgart führte zu einer Aufhebung des Urteils. Das Landgericht stellte fest, dass es an der Unmittelbarkeit zwischen der Vermögensverfügung des Arztes und dem Vermögensschaden der Krankenkasse fehle. Erst durch das Einlösen in der Apotheke entstand der Krankenkasse der Schaden.
Diese Ansicht teilte das Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG Stuttgart) im Revisionsverfahren nicht. Durch die Vermögensverfügung des Arztes ist zwar noch kein direkter Schaden entstanden, jedoch trat eine schadensgleiche Gefährdung des Vermögens ein:
„Nach oben Gesagtem hat der Vertragsarzt mit Ausstellung des Rezepts den Anspruch des Angeklagten gegen seine Krankenkasse auf die Gewährung von Sachmitteln zur Erfüllung des Versicherungsverhältnisses dokumentiert und festgestellt. Für die Erlangung des von der Zuzahlung abgesehen kostenfreien Bezuges des Medikamentes bedarf es nunmehr nur noch der Vorlage des Rezeptes bei einem vom Angeklagten auszuwählenden Apotheker, um den Schaden zu realisieren.“
Dass noch mehrere Schritte notwendig seien und der Täter sich erst noch einen Apotheker seiner Wahl aussuchen müsse, ändere daran laut OLG Stuttgart nichts. Denn der Zwischenschritt des Einlösens sei kein wesentlicher Zwischenschritt mehr, sondern nur noch ein unwesentlicher Zwischenschritt. Der Apotheker habe weder eine Möglichkeit der Überprüfung des Rezepts, noch dürfe er die Herausgabe des Medikaments verweigern.
Damit hatte die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 2012, Az.: 1 Ss 559/12