BGH: Bei DNA-Spuren muss die Berechnungsgrundlage angegeben werden

Es reicht nicht aus, wenn das Urteil lediglich das Endergebnis der Wahrscheinlichkeitsberechnung von einer DNA-Analyse enthält.

Der angeklagte marokkanische Staatsangehörige führte in Spanien eine Beziehung mit der späteren Geschädigten. Nachdem sie sich von ihm trennte und nach Deutschland übersiedelte, versuchte der Angeklagte sie mehrfach zur Rückkehr zu bewegen. Daher reiste er einige Monate später ebenfalls nach Deutschland und spürte die Angeklagte auf.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte ihr dann vor der Wohnung aufgelauert haben. Nachdem die Frau ihn zum Weggehen aufforderte, griff er sie an. Als sie am Boden lag, zog er ein Küchenmesser hervor und traf die Beckenvene der Geschädigten. Daraufhin verblutete die Frau.
Das Landgericht Düsseldorf verurteilte den Angeklagten zu dreizehn Jahren Haft wegen Totschlags. Dabei stützt sich das Urteil vor allem auf gefundene DNA-Spuren am Tatmesser und dem Opfer. Ein Sachverständiger hatte errechnet, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu mehr als zehn Milliarden die Spuren vom Angeklagten stammen.
Die Strafverteidigung wehrt sich erfolgreich gegen das Urteil mit der Revision. So bemängelt der BGH vor allem, dass die Berechnungsgrundlage der DNA-Auswertung nicht im Urteil aufgenommen wurde.

„Das Urteil verhält sich nicht hinreichend zu den Berechnungsgrundlagen, aus denen abzuleiten ist, dass das am Tatort gesicherte Spurenmaterial mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 : 10 Milliarden vom Angeklagten herrührt.“

Der BGH gesteht einem Richter zwar zu, falls ihm die eigene Sachkunde fehlt, sich dem Ergebnis des Gutachters anzuschließen, jedoch muss er die Schlussfolgerungen des Sachverständigen im Urteil dann so wiedergeben, wie es zur Beurteilung der Schlüssigkeit notwendig ist.
Vor allem muss sich aus dem Urteil ergeben, mit welcher Vergleichspopulation die Wahrscheinlichkeitsberechnung durchgeführt wurde. Dies ist vor allem dann geboten, wenn der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört:

„Um dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Wahrscheinlichkeitsberechnung auf ihre Plausibilität zu ermöglichen, verlangt der Bundesgerichtshof deshalb in ständiger Rechtsprechung die Mitteilung ihrer Grundlagen im Urteil (Beschluss vom 6. März 2012 – 3 StR 41/12; Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 2 StR 362/11, NStZ-RR 2012, 53; Beschluss vom 21. Januar 2009 – 1 StR 722/08, NJW 2009, 1159; Beschluss vom 5. Februar 1992 – 5 StR 677/91, NStZ 1992, 601; Urteil vom 12. August 1992 – 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320). Hierzu gehören – zumindest wenn der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört – eine hinreichend deutliche Umschreibung der zum Vergleich herangezogenen Bevölkerungsgruppe sowie jedenfalls die Häufigkeit der einzelnen als übereinstimmend festgestellten Merkmale in dieser Vergleichspopulation sowie eine Aussage dazu, inwieweit in wissenschaftlich zulässiger Weise die sog. Produktregel zur Anwendung kam.“

Somit reicht die Angabe des reinen Ergebnisses der Wahrscheinlichkeitsberechnung nicht aus. Zwar ist davon unabhängig die hohe Übereinstimmung der DNA auch ein starkes Beweisanzeichen. Doch dafür hätte das Landgericht jedoch die weiteren Indizien stärker herausarbeiten müssen. Aus diesem Grund wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 3. Mai 2012, Az.: 3 StR 46/12

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