BGH: Die Beendigung der schweren körperlichen Misshandlung vor der Vergewaltigung

Ist die schwere körperliche Misshandlung bereits vor der Vergewaltigungshandlung beendet, so ist die Qualifikation des § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB nicht erfüllt.

Der Angeklagte wurde wegen besonders schwerer Vergewaltigung vom Landgericht Bielefeld zu acht Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Nach Überzeugung des Landgerichts stritt sich der Angeklagte mit seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau. Als die Frau ihm ein Glas Wodka ins Gesicht schüttete, verprügelte er die Geschädigte, bedrohte sie mit einem Küchenmesser und verletzte sie an der Hand. Anschließend warf er das Messer weg und vollzog mit der Geschädigten, die nicht mehr in der Lage war sich zu wehren, den Geschlechtsverkehr.

Das Landgericht verneinte in diesem Fall die Qualifikation des Einsatzes einer Waffe nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB, weil der Täter die Waffe nicht mehr bei der Vergewaltigung verwendet habe. Gleichzeitig bejahte das Landgericht jedoch die Qualifikation wegen einer schweren körperlichen Misshandlung nach § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB. Dagegen richtet die Strafverteidigung ihre Revision.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat auch bezüglich der zweiten Qualifikation bedenken. So habe der Angeklagte die Gewalt vor der eigentlichen Tat durchgeführt und bereits beendet. Die Motivation der Gewalt war eine Wut auf die Geschädigte. Dass er bereits zu diesem Zeitpunkt die Vornahme sexueller Handlungen beabsichtigte, wurde nicht festgestellt:

Ist aber der Entschluss zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs erst nach Abschluss der Gewalthandlungen entstanden, ist die schwere körperliche Misshandlung nicht während der Vergewaltigung erfolgt, was die Anwendung des Qualifikationstatbestandes ausschließt (vgl. BGH, Urteile vom 23. März 2006 – 3 StR 373/05 Rn. 5, StV 2006, 418 und vom 23. Juni 2009 – 5 StR 195/09; Beschluss vom 16. Juli 2009 – 4 StR 241/09 Rn. 4 ff., NStZ 2010, 150).

Daher wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Revision der Strafverteidigung hatte somit Erfolg.

BGH, Beschluss vom 29. August 2012, Az.: 4 StR 277/12

Über den Autor

Kanzlei: Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dr. Böttner

Anwaltskanzlei für Strafrecht in Hamburg, Frankfurt und Neumünster: Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Strafverteidigung, Revision in Strafsachen Kanzlei mit Strafrecht-Spezialisierung Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht Rechtsanwalt und Strafverteidiger Fachanwalt für Strafrecht Strafverteidigung bundesweit

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Strafverteidiger)

Kanzlei für Strafrecht in Hamburg, Frankfurt am Main und Neumünster | Strafrecht und Wirtschaftsstrafrecht bundesweit.

In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt