Das Landgericht Tübingen hat den Angeklagten wegen 567 Fällen der Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt, von denen es sechs Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen für vollstreckt erklärt hat.
Dabei hat das Landgericht den Strafrahmen des § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit) zugrunde gelegt. Bei Untreuehandlungen, bei denen das Vermögen der KG durch eine Tat um mehr als 50.000 € geschädigt wurde, hat die Kammer zudem die zusätzliche Verwirklichung des Regelbeispiels gemäß §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) bejaht.
Gegen die Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten.
Der Angeklagte war im Tatzeitraum von 2002 bis 2005 Geschäftsführer der G. GmbH, die – ohne selbst am Kommanditkapital beteiligt zu sein – Komplementärin der G. GmbH & Co. KG ist. Am Kommanditkapital der G. GmbH & Co. KG waren ausschließlich Familienangehörige des Angeklagten beteiligt. Nach den Feststellungen des Gerichts habe der Angeklagte satzungswidrig Firmengelder der KG auf Privatkonten übertragen und nutze das Geld für private Zwecke, so der Vorwurf.
Der Angeklagte offenbarte sich im Dezember 2005 seinen Familienangehörigen, welche aber zum Teil gar nicht und zum Teil erst im Dezember 2006/Januar 2007 einen Strafantrag stellten.
Zunächst stellt der BGH klar, dass es bei der Schädigung nicht auf das Vermögen der Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der Gesellschafter ankommt:
Für die Frage des Nachteilseintritts ist bei einer Kommanditgesellschaft – wie aufgezeigt – nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (BGH, Beschluss vom 30. August 2011 – 2 StR 652/10; BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 – 2 StR 613/90). Bei einer personalisiert strukturierten Gesellschaft – wie etwa OHG oder KG – sind daher als Verletzte deren Gesellschafter anzusehen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 1999 – 4 StR 57/99).
Daher kritisiert der BGH den Strafausspruch:
Rechtsfehlerfrei legt die Strafkammer der Strafzumessung zwar den sich aus dem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ergebenden erhöhten Strafrahmen des § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 – 1 StR 343/11 mwN). Für die konkrete Strafzumessung hat das Landgericht jedoch – allerdings folgerichtig zu seiner Rechtsauffassung – nicht beachtet, dass die Untreue nur auf Antrag verfolgt werden kann, wenn und soweit durch sie ein Angehöriger verletzt wird (§ 266 Abs. 2, § 247 StGB; vgl. schon BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 – 1 StR 5/87). Die Strafkammer geht daher rechtsfehlerhaft in Einzelfällen von einem besonders schweren Fall i.S.v. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) aus, was auch im Übrigen besorgen lässt, sie habe der Strafzumessung insgesamt einen unzutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt.
Damit betont der BGH, dass die Untreue nach §§ 266 Abs. 2, 247 StGB nur auf Antrag verfolgt wird, sofern Angehörige verletzt werden. Im vorliegenden Fall haben aber nicht alle Familienangehörigen Strafantrag gestellt bzw. war dieser verspätet, da ein Strafantrag gemäß § 77b Abs. 1 Satz 1 StGB bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen ist. Das führt dazu, dass hier kein besonders schwerer Fall nach §§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB vorliegt.
BGH, Beschluss vom 23.02.2012, Az.: 1 StR 586/11