Das Landgericht Dessau-Roßlau hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 12 Fällen, unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 12 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine Verfallsanordnung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten.
Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der zu diesem Zeitpunkt noch 20-jährige Angeklagte den jugendlichen Zeugen in 10 Fällen dazu, für ihn in Aluminiumfolie verpackte Amphetaminzubereitungen an unbekannte Abnehmer zu übergeben. Teilweise nahm der Jugendliche auch Geld entgegen. Dabei erhielt der Zeuge jeweils einen Kurierlohn in Höhe von 20 Euro.
Nachdem der Angeklagte das 21. Lebensjahr vollendet hatte, war der Zeuge noch in 12 weiteren Fällen in gleicher Weise für den Angeklagten tätig.
Nach Auffassung des Gerichts reichte für die Annahme eines minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG nicht aus, dass der Zeuge und Kurier bereits in der Drogenszene aktiv war und damit grundsätzlich bereits tatbereit.
Dazu der BGH:
„Die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Erst nach dem Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der außerordentliche Strafrahmen anzuwenden ist (BGH, Urteil vom 19. März 1975 – 2 StR 53/75, BGHSt 26, 97, 98; Beschluss vom 19. Juli 2002 – 2 StR 255/02, NStZ-RR 2002, 329). Die Ausführungen des Landgerichts zur Strafrahmenwahl lassen besorgen, dass das Gericht die erforderliche Gesamtwürdigung nicht in rechtsfehlerfreier Weise vorgenommen hat, weil ein wesentlicher die Tat prägender Gesichtspunkt erkennbar nicht berücksichtigt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.1993 – 2 StR 127/93, StV 1994, 17).“
Damit kann nach Auffassung des BGH ein minder schwere Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG nicht ohne weiteres abgelehnt werden. Vielmehr hätte es hier einer Gesamtbetrachtung bedurft, bei welcher be- und entlastende Umstände gegeneinander abgewogen werden müssen. Erst dann könne die Anwendung eines außerordentlichen Strafrahmens abgelehnt werden.
Weiterhin hat der BGH klargestellt, dass Täter nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG nur sein kann, wer bereits erwachsen und nicht mehr Heranwachsender ist.
BGH, Beschluss vom 22.12.2011, Az.: 4 StR 581/11