Stellt das Landgericht einen Tathergang fest, der so nicht stattgefunden haben kann, ist das Urteil aufzuheben.
Der Angeklagte wurde wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht Hanau stellte folgenden Sachverhalt fest: Der 71-jährige Angeklagte hatte die Befürchtung, dass der Sohn, der als aggressiv bekannt war, seine Ehefrau angreifen würde. Der Angeklagte trat mit einer geladenen Pistole ins Treppenhaus und stand damit vor seiner Wohnungstür. Der 44-jährige Sohn ging, wie üblich provozierend und lautstark, die Treppe hinunter. Dabei ist die Treppe zweigeteilt, so dass erst sieben Stufen nach unten gehen, dann ein Zwischenpodest kommt, und anschließend in entgegengesetzter Richtung erneut sieben Stufen folgen.
Der Angeklagte soll von unten auf den Geschädigten geschossen haben, als er noch auf der oberen Hälfte der Treppe war. Die Gerichtsmedizin stellte jedoch fest, dass der Geschädigte von vorne durch einen Schuss verletzt wurde und später verblutete.
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt auf Revision der Strafverteidigung fest, dass dieser Sachverhalt so nicht möglich ist:
„Der Ablauf kann sich so wie geschildert nicht zugetragen haben. Wenn der Geschädigte zum Zeitpunkt der Schussabgabe die obere der beiden Treppenhälften hinabging, wandte er dem Angeklagten nicht die Körpervorderseite, sondern den Rücken zu. Es ist daher nicht erklärlich, wie ihn der Schuss vorne rechts in den Bauch treffen konnte. Auch die annähernd horizontale Durchquerung des Bauchraums ist mit der vom Landgericht angenommenen Position der Beteiligten kaum vereinbar, da der Geschädigte danach mindestens neun Treppenstufen höher als der Angeklagte stand.“
Damit ist die Revision erfolgreich.
BGH, Beschluss vom 15. Januar 2013, Az.: 2 StR 512/12