Haftgrund der Fluchtgefahr bei einem in Polen lebendem Beschuldigten

Aktenzeichen: LG Neuruppin, Beschl. v. 12.08.2009 – 11 Qs 119/09

Angeschuldigt ist ein 27-jähriger Mann, der bisher unbestraft ist und in Polen lebt. Ihm wird vorgeworfen, am 10.07.2009 gemeinschaftlich mit einer weiteren Person einen Diebstahl begangen zu haben, der von der Deutschen Bahn AG auf einen Schaden in Höhe von 18.000 Euro geschätzt wird. Das weitere Verfahren steht noch aus.

Angesichts der Höhe des Schadens und der Tatsache, dass der Angeschuldigte „keine soziale Bindung in Deutschland unterhalte“, hatte das Amtsgericht einen Haftbefehl vom 11.07.2009 aufgrund der Fluchtgefahr als Haftgrund erlassen. Die hiergegen gewandte Haftbeschwerde hat nach Ansicht des LG Neuruppin Erfolg.

Das LG sieht in seinem Beschluss den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß §112 Abs. 2 Nr. 2 StPO nicht als gegeben an. Vielmehr ist es nach Auffassung des Gerichtes unwahrscheinlich, dass sich „der Angeschuldigte dauerhaft oder zumindest zeitweise dem Strafverfahren zu entziehen versucht“. Auch die Tatsache, dass sich der Angeschuldigte größtenteils im Ausland (in Polen) aufhält und dort mit seiner Verlobten und deren 7-jährigem Kind zusammen lebt und auch postalisch erreichbar ist, sprechen nicht für eine Fluchtgefahr.

Auszug aus dem Beschluss des LG:

“Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeschuldigte einer Ladung zur Hauptversammlung nicht Folge leisten wird, liegen nicht vor. Auch die den Angeschuldigte im Falle einer Verurteileilung erwartende Strafe kann für sich genommen die Fluchtgefahr nicht begründen. Der dem Angeschuldigte vorgeworfene Diebstahl ist mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Vorliegend ist die Straferwartung für den geständigen, nicht vorbestraften Angeschuldigte. nicht derart hoch, dass sie geeignet wäre, einen gesteigerten Fluchtanreiz darzustellen.“

Aus diesem Grund liegen keine konkreten Umstände vor, die eine Haftbeschwerde begründen. Insbesondere erscheint das Argument der fehlenden „sozialen Bindung“ in Deutschland nicht sehr schlüssig, wie das LG in seinem Beschluss aufführt. Die Haftbeschwerde hat daher Erfolg.

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