Eine gefährliche Körperverletzung ist beim Rammen mittels eines Kraftfahrzeuges nur dann anzunehmen, wenn bereits das Rammen die Schwelle zur Körperverletzung übersteigt und nicht erst der anschließende Sturz.
Die Angeklagten wurden in einem Strafprozess vor dem Landgericht Wuppertal wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Nötigung zu Freiheits- beziehungsweise Geldstrafen verurteilt. Die drei Angeklagten legten durch ihre Anwälte Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) gegen das Urteil ein.
Ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB sieht das Landgericht Landshut erst ab 2500 Euro.
Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht Landshut strafrechtlich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt und seine Fahrerlaubnis wurde vorläufig gemäß § 111a StPO, § 69 StGB entzogen. Der Beschwerde gegen diesen Beschluss, den der Angeklagte durch seinen Anwalt einlegte, wurde vom Amtsgericht nicht abgeholfen.
Nimmt jemand in einem Land ein gestohlenes Fahrzeug entgegen, um es in ein drittes Land zu bringen, und fährt dabei durch Deutschland, so ist Deutschland kein Tatort für die Hehlerei.
Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht Fürstenwalde wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. In der Berufung bestätigte das Landgericht Frankfurt (Oder) die Verurteilung, setzte die Strafe jedoch zur Bewährung aus.
Nach der Aufforderung des Verlassens und der Herabsenkung einer Schranke, handelt es sich bei einem Parkplatz nicht mehr um Teil des öffentlichen Straßenverkehrs.
Der Angeklagte stand mit seinem Fahrzeug auf einem unbefestigten Parkplatz neben einer Tankstelle. Ein Zeuge, der mit dem Öffnen und Schließen der Schranke zum Parkplatz vom Eigentümer beauftragt war, rief dem Angeklagten zu, er solle den Parkplatz verlassen, da er die Schranke schließen möchte. Der Angeklagte, der gerade mit einer anderen Person eine Körperverletzung zu Lasten eines Dritten beging, rief daraufhin dem Zeugen zu, er könne ruhig die Schranke schließen, er würde schon vom Parkplatz herunterkommen.
Auf der Wandsbeker Chaussee in Hamburg stand ein verwaister demolierter goldener Audi R8. Der 150.000 Euro teure Wagen soll in den Gegenverkehr geraten sein und dort ein anderes Fahrzeug gerammt haben. Anschließend schoss der Wagen in eine Reihe geparkter Fahrzeuge und blieb erst nach rund 500 Metern stehen.
Beweisanzeichen, die einzeln nicht von der Täterschaft überzeugen, können dies jedoch gegebenenfalls in einer Gesamtbetrachtung tun.
Zwischen zwei Rockergruppierungen kam es zu einer Verfolgungsjagd mit mehreren Fahrzeugen. Ein Fahrzeug wurde dabei von mehreren anderen Fahrzeugen so blockiert, dass es nicht mehr weiterfahren konnte. Anschließend sprangen mehrere maskierte Personen aus den Fahrzeugen und schlugen mit Schlagwaffen und Macheten auf das Fahrzeug und deren Insassen ein. Dabei wurden drei der vier Insassen schwer verletzt. Danach flüchteten die Täter unerkannt, sie hinterließen jedoch eine Machete, auf der die DNA eines Angeklagten gefunden wurde.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) vermochte zwar eine Reihe von Indizien erkennen, dass die Angeklagten am Tatort gewesen seien, jedoch reiche dies in der Gesamtschau für eine Verurteilung nicht aus. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.
Der Bundesgerichtshof (BGH) betont erneut, dass das Revisionsgericht hinzunehmen hat, wenn ein Tatgericht seine Zweifel an der Täterschaft nicht überwinden kann. Jedoch muss das Gericht die Beweise und Indizien rechtsfehlerfrei bewerten. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Beweise und Indizien nicht gesondert und im Einzelnen bewertet werden dürfen, sondern die Bewertung in einer Gesamtabwägung vorzunehmen ist.
„In der Beweiswürdigung muss sich das Tatgericht mit allen festgestellten Indizien auseinandersetzen, die das Beweisergebnis zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind. Dabei muss sich aus den Urteilsgründen selbst ergeben, dass es die Beweisergebnisse nicht nur für sich genommen gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung einbezogen hat“
Dem wurde das Urteil nicht gerecht. Das Landgericht wertet viele Indizien, zum Beispiel die Mitgliedschaft in der gleichen Rockergruppe, das gleichzeitige Abschalten der Mobiltelefone, ein rotes Fahrzeug am Tatort, Glassplitter eines anderen Wagens im Fahrzeug des Angeklagten, DNA-Spuren und Teilfingerabdrücke am Tatort, jeweils einzeln. Dabei wurden die Beweisanzeichen jedoch nicht in Beziehung gesetzt.
Der BGH ist der Meinung, dass sich aus der schieren Anzahl der Indizien etwas anderes ergeben kann, als aus der einzelnen Betrachtung. Darum wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverweisen.
BGH, Urteil vom 7. November 2012, Az.: 5 StR 322/12
Ein Zusammentreffen lediglich durchschnittlicher und für sich betrachtet einfacher Milderungsgründe kann zu besonderen Umständen führen.
Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie zu einer Geldbuße von 500 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Als die Berufung vom Landgericht verworfen wurde, wehrte sich die Strafverteidigung im Rahmen der Revision gegen die Entscheidung.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte wurde mit seinem Auto von der Polizei angehalten. Dabei fanden die Beamten Amphetamin in der Mittelkonsole des Fahrzeuges. Nach der Ankündigung, dass man nun den Kofferraum durchsuchen würde, gab der Angeklagte freiwillig noch knapp 200 Gramm Marihuana heraus. Bei einer späteren Blutprobe wurde ebenfalls festgestellt, dass der Angeklagte zum Fahrzeitpunkt unter der Wirkung berauschender Mittel stand.
Das Landgericht billigte dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB zu, verneinte jedoch die besonderen Umstände, die für eine Strafaussetzung zur Bewährung bei einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr gemäß § 56 Abs. 2 StGB notwendig seien. Vor allem das Geständnis und die Herausgabe der weiteren Drogen räumte das Landgericht nur einem geringen Stellenwert zu. Nach Ansicht des Landgerichts blieb dem Angeklagten gar nichts anderes mehr übrig, da die Polizei kurz vor der Durchsuchung des Fahrzeuges stand. Ebenfalls sah es das Landgericht nicht für ausreichend an, dass der Angeklagte bereits einen ersten Kontakt mit der Suchtberatung aufnahm und es sich lediglich um „weiche“ Drogen handelte.
Das Oberlandesgericht Bamberg (OLG Bamberg) hat erhebliche Bedenken bezüglich dieser Feststellungen. Das Revisionsgericht stellt fest, dass das Landgericht von einem zu engen Prüfungsmaßstab ausgegangen sein könnte. Denn treffen mehrere durchschnittliche Milderungsgründe aufeinander, können schon diese besondere Umstände begründen.
„Denn die gewählten Formulierungen zum Fehlen bestimmter, jeweils für sich als ‚ausreichend‘ anzusehender Milderungsgründe (hier: Tatgeständnis, Besitz lediglich sog. ‚weicher’ Drogen und Kontakte zur Suchtberatung) lassen – wovon auch die Revision im Ansatz zutreffend ausgeht – besorgen, dass das Landgericht verkannt haben könnte, dass schon ein Zusammentreffen lediglich durchschnittlicher und für sich betrachtet einfacher Milderungsgründe die Bedeutung besonderer Umstände im Sinne dieser Vorschrift erlangen kann.“
Insoweit hatte die Revision der Strafverteidigung somit Erfolg. Die Sache wird zu neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
OLG Bamberg, Beschluss vom 21. März 2012, Az.: 3 Ss 34/12
Ein Autofahrer fuhr an einem Bahnübergang gegen einen Schrankenantrieb und beschädigte diesen stark. Anschließend entfernte er sich unerlaubt von der Unfallstelle. Rund 40 Minuten, nachdem ein Zeuge den Unfall gemeldet hatte, meldete sich auch der Unfallverursacher bei einer Polizeidienststelle und zeigte an, dass er der Unfallverursacher sei.
Die Angeklagte war bereits mehrfach wegen Straßenverkehrsdelikten, meist im Zusammenhang mit Trunkenheitsfahrten, verurteilt worden. Das Landgericht Detmold hat die Angeklagte wegen einer erneuten Trunkenheitsfahrt zu sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Sie war ohne gültige Fahrerlaubnis mit 2,39 Promille Blutalkoholkonzentration von zwei Polizeibeamten angehalten worden.
Mittels Revision rügte die Strafverteidigung die Verletzung sachlichen Rechts. Das Oberlandesgericht Hamm gibt der Revision insoweit statt, als dass es die Feststellung des Vorsatzes kritisiert. Denn die Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 StGB verlangt einen Vorsatz hinsichtlich der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit.
Das Landgericht schloss aus den einschlägigen strafrechtlichen Vorbelastungen, der vorhergehenden Therapie wegen des übermäßigen Alkoholkonsums und der Tatsache, dass die Angeklagte vor der Fahrt mehrere Stunden lang Alkohol konsumierte darauf, dass die Angeklagte von ihrer Fahruntüchtigkeit wusste.
Das OLG Hamm weißt dagegen auf die Möglichkeit hin, dass die Frau aufgrund des hohen Alkoholwertes möglicherweise ihre Fahrtüchtigkeit falsch einschätzte:
„Hierfür spricht zunächst der hohe Grad der Alkoholisierung der Angeklagten. Für die Prüfung der Erkenntnis- und Kritikfähigkeit der Angeklagten zum Zeitpunkt des Fahrtantrittes ist bei der Bestimmung der Blutalkoholkonzentration (BAK) zu ihren Gunsten von einem maximalen BAK-Wert auszugehen. Damit sind im Falle der Entnahme und Untersuchung einer Blutprobe die gleichen Rückrechnungsgrundsätze wie bei der Prüfung der Schuldfähigkeit anzuwenden. Es sind demnach ein stündlicher Abbauwert von 0,2‰ sowie ein einmaliger Sicherheitszuschlag von 0,2‰ zu berücksichtigen (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl. [2012], § 20 Rdnr. 13). Da die Blutprobe im vorliegenden Falle etwa eineinhalb Stunden nach dem Fahrtbeginn entnommen wurde, ist von einer Tatzeit-BAK von 2,89‰ auszugehen. Dieser Wert liegt schon nahe an dem Wert von 3‰, der nach gefestigter Rechtsprechung in der Regel sogar Anlass für die Prüfung einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ist (vgl. die Nachweise bei Fischer, a.a.O., Rdnr. 20).
Weitere Indizien für eine Herabsetzung der Erkenntnis- und Kritikfähigkeit der Angeklagten zum Zeitpunkt des Fahrtantrittes sind darüber hinaus ihr Verhalten während der Polizeikontrolle, namentlich der wenig durchdacht und wenig erfolgversprechend erscheinende Versuch, der Polizei einen nicht existierenden „Bekannten“ als Fahrer zu präsentieren, sowie ihr sowohl verbal als auch physisch aggressives Verhalten gegenüber den Polizeibeamten, und schließlich auch die Feststellung des sie auf der Polizeiwache untersuchenden Arztes, ihr Denkablauf sei verworren.“
Somit spricht eine hohe Blutalkoholkonzentration noch nicht alleine für die Vorsätzlichkeit der Trunkenheitsfahrt. Diese Umstände hat das Landgericht nicht hinreichend beachtet. Aus diesem Grund hob das OLG Hamm das Urteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Detmold zurück. Die Revision der Strafverteidigung hatte somit Erfolg.
OLG Hamm, Beschluss vom 16.02.2012, Az.: III-3 RVs 8/12
Nach den Feststellungen des Landgerichts verursachten die Angeklagten in mehreren Fällen als Fahrer eines Pkw Auffahrunfälle, indem sie ihr jeweiliges Fahrzeug ohne verkehrsbedingten Anlass plötzlich stark abbremsten, so dass das nachfolgende Fahrzeug – wie beabsichtigt – auffuhr. Dadurch wollten die Angeklagten die Haftpflichtversicherung der Unfallgegner für die an den eigenen Fahrzeugen verursachten Schäden unberechtigt in Anspruch zu nehmen, was im Folgenden entweder durch den jeweiligen Fahrer selbst oder durch einen unbekannt gebliebenen Dritten geschah.
Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen
Das Landgericht hat in allen Fällen der Unfallverursachung die Verwirklichung eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB angenommen. Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nach Auffassung des BGH nicht uneingeschränkt stand:
„Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die absichtliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls das Bereiten eines Hindernisses im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellt (Senatsurteile vom 18. März 1976 – 4 StR 701/75, VRS 53, 355, und vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 488/91, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1). Ebenso hat es im Ausgangspunkt zutreffend eine konkrete Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur in den Fällen angenommen, in denen auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289); dass das Landgericht mit 1.300 Euro von einer höheren Wertgrenze als der nach der Rechtsprechung des Senats maßgeblichen von 750 Euro (Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215) ausgegangen ist, beschwert die Angeklagten nicht.“
Allerdings hat das Landgericht zudem auch in den Fällen, in denen es zu keinerlei Verletzungen bei den Unfallgegner kam, eine konkrete Gefahr bejaht. Dabei hat das Landgericht sich auf die regelmäßig gegebene Gefahr bei einem plötzlichen Aufprall im Straßenverkehr bezogen. Dazu der BGH:
„Mit solchen allgemeinen Erwägungen lässt sich regelmäßig eine konkrete Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen nicht hinreichend belegen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NStZ 2010, 216); vielmehr sind grundsätzlich konkrete Feststellungen insbesondere zu den Geschwindigkeiten der Pkw im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen erforderlich (Senat, aaO; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, aaO). Solche Feststellungen sind im Urteil, das lediglich in einzelnen Fällen Angaben zur Geschwindigkeit eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge vor Einleitung des Bremsvorgangs enthält, nicht getroffen. Auch das jeweils festgestellte Schadensbild erlaubt keinen sicheren Schluss auf eine konkrete Leibesgefahr in den Fällen, in denen es zu einer Verletzung nicht gekommen ist; wo kein messbarer Schaden (Fall II.4.1) oder ein solcher in Höhe von 10 Euro (Fall II.4.4) entstanden ist, liegt sie eher fern.“
Damit stellt der BGH klar, dass die Annahme einer konkreten Gefahr im Sinne von § 315b StGB ausreichend belegt werden muss. Da es sich gerade um ein konkretes Gefährdungsdelikt handelt, reichen allgemeine Erwägungen nicht aus. Zumindest muss das Tatgericht Angaben zur Geschwindigkeit des Pkw und der Intensität des Aufpralls treffen.
BGH, Beschluss vom 25.01.2012, Az.: 4 StR 507/11
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner