Nach den Feststellungen des Landgerichts Neuruppin hat der Angeklagte die 15-jährige Nebenklägerin auf die Lippen geküsst, wobei er gleichzeitig kurzzeitig seine Zunge in ihren Mund steckte. Nach einiger Gegenwehr ließ der Angeklagte von ihr ab. Anschließend streichelte der Angeklagte noch ihren Oberschenkel und fragte sie, ob sie mit ihm schlafen wolle. Der gesamte Vorfall dauerte nur wenige Sekunden.
Auf die Berufung der Nebenklägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin, wonach der Angeklagte freigesprochen wurde, aufgehoben und den Angeklagten wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.
Dazu das OLG:
§ 177 StGB schützt die sexuelle Selbstbestimmung einer Person als Teilaspekt ihrer Menschenwürde und stellt die in § 177 Abs. 1 StGB genannten Nötigungshandlungen als besonders intensive Eingriffe in den Rang eines Verbrechens. Er setzt voraus, dass das Tatopfer mit Gewalt gezwungen wird, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten zu dulden oder am Täter oder einem Dritten vorzunehmen. Die sexuelle Handlung muss angesichts der hohen Strafandrohung und den Folgen der Einstufung einer Handlung als Verbrechen von einiger Erheblichkeit sein. Unterhalb dieser Schwelle liegende Nötigungshandlungen fallen unter § 240 StGB (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., § 177 Rdnr. 4). Ob die Schwelle der Erheblichkeit für das betroffene Rechtsgut überschritten wurde, ist nach Art, Intensität und Dauer der sexualbezogenen Handlung und der Beziehung der Beteiligten untereinander zu beantworten, wobei die gesamten Begleitumstände des Tatgeschehens zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, NStZ-RR 2007, 12; OLG München, Urteil vom 20.10.2008, 5 StRR 180/08, nach juris).
Das OLG betont, dass für eine Verurteilung nach § 177 StGB eine Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung vorliegen muss. Diese sei am ehesten bei Kontakt an Geschlechtsorganen verletzt.
Allerdings könnte auch Kontakt an anderen Körperregionen zu einer Verurteilung führen, wenn eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten wird. Nach Ansicht des Gerichts sei aber durch den Zungenkuss diese Schwelle hier nicht überschritten worden.
Ferner hat das OLG festgestellt, dass auch der Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und der Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB StGB nicht erfüllt sind.
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28.10.2009, Az.: 1 Ss 70/09