Zwanghafte Behandlung im Maßregelvollzug

Das sächsische Gesetz zur zwanghaften Behandlung mit Psychopharmaka von Personen im Maßregelvollzug ist verfassungswidrig.

Ein im Maßregelvollzug Untergebrachter hatte vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seiner Verfassungsbeschwerde Erfolg. Der Senat erklärt das sächsische Landesrecht für nichtig, nachdem Personen im Maßregelvollzug gegen ihren Willen mit Psychopharmaka behandelt werden können.

Bereits in den vergangenen Jahren wurden ähnliche Regeln im rheinland-pfälzischen und im baden-württembergischen Landesrecht für nichtig erklärt.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht hielten den natürlichen Willen des Untergebrachten für unbeachtlich, wenn die Medikation von den Ärzten angeraten werde und der Betreuer die Behandlung für nötig befinden würde. Das Oberlandesgericht argumentierte weiter, dass die staatliche Gewalt durch Art. 1 Abs. 1 GG dazu gezwungen sei, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Ein Unterlassen der Behandlung würde den Gesundheitszustand des Untergebrachten aber höchstwahrscheinlich verschlechtern, daher müsste der Staat hier eingreifen.
Auch wenn das BVerfG die Motive schätzt, so braucht der Grundrechtseingriff doch eine Eingriffsgrundlage. Das sächsische Gesetz kann dies jedoch nicht sein, da die medizinischen Eingriffe nach dem Gesetz nicht dahingehend beschränkt sind, dass sie, wie verfassungsrechtlich geboten, nur bis zum Erreichen des Vollzugsziels erlaubt sind. Weiter führt der Senat aus:

„Die landesrechtliche Anknüpfung der Befugnis, einen Untergebrachten zur Herstellung seiner Entlassungsfähigkeit gegen seinen erklärten Willen – notfalls unter Anwendung physischen Zwangs – zu behandeln, an das Vorliegen der Einwilligung des Betreuers ist schon im Ansatz ungeeignet, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gesetzliche Bestimmung der materiellen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen einer solchen Behandlung Rechnung zu tragen. Denn die mit dieser Anknüpfung in Bezug genommenen bundesrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts selbst gestatten dem Betreuer – dessen Befugnisse schon aus kompetenziellen Gründen nicht durch den Landesgesetzgeber erweitert werden können – die Erteilung einer auch eine Zwangsbehandlung einschließenden Einwilligung nicht.“

Damit ist die Regelung verfassungswidrig und nichtig. Die Verfassungsbeschwerde hatte damit Erfolg.

BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013, Az.: 2 BvR 228/12


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