Schuldunfähigkeit bei Alkoholikern

Ab einer bestimmten Alkoholmenge nach den Promille-Grenzen  kann die Schuldfähigkeit aufgehoben sein (§ 20 StGB) oder aber zumindest vermindert sein (§ 21 StGB). Dabei muss jedoch immer der Einzelfall betrachtet werden. Vor allem die selbstherbeigeführte verminderte Schuldfähigkeit ist teilweise problematisch.

Ab wie viel Alkohol ist man schuldunfähig?

Anders als bei der absoluten Fahruntüchtigkeit gibt es bei der Schuldfähigkeit keine absoluten Grenzwerte. Die Schuldfähigkeit muss in jedem individuellem Fall festgestellt werden.

Trotzdem gibt es Werte, ab denen eine Einschränkung der Schuldfähigkeit zumindest naheliegt. Ab 2,0 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) liegt eine verminderte Schuldfähigkeit im deutschen Strafrecht nach § 21 StGB nahe. Für eine völlige Schuldunfähigkeit spricht häufig die Überschreitung der 3,0 Promille-Grenze. Ein Automatismus ist dies jedoch nicht. Somit kann ein Täter auch weit über diesen Grenzwerten als schuldfähig im Strafprozess eingestuft werden.

Erhöhte Anforderungen bei Tötungsdelikten?

Bei vorsätzlichen Tötungsdelikten hat der Bundesgerichtshof (BGH) die sogenannte Hemmschwellentheorie entwickelt. Demnach soll die Einsichtsfähigkeit, Unrecht zu begehen, bei Tötungsdelikten aufgrund der höheren Hemmschwelle weiter reichen, als bei anderen Delikten.

Daher geht die Rechtsprechung erst ab 2,2 Promille, beziehungsweise 3,3 Promille davon aus, dass eine Einschränkung der Schuldfähigkeit oder die absolute Schuldunfähigkeit naheliegt. Aber auch hier liegt eine Schuldunfähigkeit nicht automatisch bei der Überschreitung der Grenzen vor.

Wie sieht es bei Alkoholikern mit der Promille-Grenze aus?

Während ungeübte Trinker häufig bereits ab 1,0 Promille körperlich gar nicht mehr in der Lage sind, eine Straftat zu begehen, können geübte Trinker noch bei 3,0 und mehr Promille klare Handlungen ausführen. Dies entsteht durch die Gewöhnung an die jeweilige Droge.

Aus diesem Grund wird bei geübten Trinkern häufig eine Schuldfähigkeit bejaht, obwohl die soeben genannten Grenzen überschritten sind. Dabei kommt es maßgeblich auf die einzelne Person drauf an. Unter anderem aber auch auf die Beschreibung des Beschuldigten im Nachtatverhalten durch die Polizeibeamten.

Wirkte ein Beschuldigter nach der Tat trotz hohem Promillewert noch geistig klar und war er körperlich noch einigermaßen Handlungsfähig? Konnte er eine klare Aussage machen? Verstand er direkt nach der Tat, was er gemacht hat? Dies alles können Anzeichen über die tatsächliche Einsichtsfähigkeit der Person geben.

Die selbst herbeigeführte verminderte Schuldfähigkeit

Ein Problem entsteht unter anderem dann, wenn die mögliche verminderte Schuldfähigkeit durch den mutmaßlichen Täter selbst herbeigeführt wurde. Unter anderem kann dieses schulderhöhende Element die verminderte Schuld aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit wieder aufheben.

Denn die verminderte Schuldfähigkeit muss nicht zwangsweise zu einer Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB führen. Sie kann auch in bestimmten Sonderfällen unterbleiben. Solch ein Sonderfall kann darin liegen, dass jemand mehr Alkohol getrunken hat, als er vertragen konnte.

Der BGH entschied jedoch jetzt, dass bei einem Alkoholkranken der selbstherbeigeführte Rausch nicht derart schulderhöhend wirken kann (BGH, Urteil vom 22. August 2013, Az.: 3 StR 163/13). Zwar kann ein Alkoholiker seine verminderte Schuldfähigkeit selbst herbeiführen, aber zumindest ist ihm der Alkoholkonsum wegen seiner Alkoholabhängigkeit nicht uneingeschränkt vorwerfbar.

Wie kann ein Strafverteidiger helfen?

In diesen Fällen zeigt sich erneut, dass vor Absprache mit seinem Strafverteidiger keine Aussagen gegenüber den Polizisten getätigt werden sollte. Bei den Polizeibeamten handelt es sich nicht um Personen, die zur Einschätzung der Schuldfähigkeit qualifiziert sind.

Trotzdem kommt ihrem Wort und ihrer Beobachtung in der Situation ein hohes Gewicht zu. Daher gilt auch in dieser Situation, dass eine Aussage erst nach Absprache mit seinem Rechtsanwalt getätigt werden soll. Denn vor allem bei der Frage der Strafzumessung können bereits einzelne wichtige Elemente, wie das Vorliegen einer Alkoholerkrankung, zu einer erheblich milderen Strafe führen.

Siehe dazu: BGH, Urteil vom 22. August 2013, Az.: 3 StR 163/13

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