Zeuge

  • KG Berlin, Beschluss vom 13.05.2011, Az.: (3) 1 Ss 20/11 (43/11)

    Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von neunzig Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht Berlin mit der Maßgabe verworfen, dass er der vollendeten gefährlichen Körperverletzung schuldig sei. Ferner hat ihm die Strafkammer gestattet, die Geldstrafe in monatlichen Raten zu bezahlen. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts.

    Zum einen rügte er, dass die Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 3 StPO hätte ausgesetzt werden müssen. Zwar wurde ihm der rechtlichen Hinweises auf die Möglichkeit einer Bestrafung wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung erteilt. Dies reichte dem Angeklagten aber nicht. Das KG lehnte es ab, da „dies lediglich den Verlust der Strafmilderungsmöglichkeit des § 23 Abs. 2 StGB bedeutet und kein gegenüber der zugelassenen Anklage schwereres Strafgesetz zur Anwendung gelangt“. Die Verfahrensrüge hatte folglich keinen Erfolg.

    Mit der Sachrüge beanstandete der Mann, die Feststellungen des Landgerichts.

    Dazu das KG:

    „Nach dessen Feststellungen ist der Angeklagte mit einer über den Kopf erhobenen Metallstange auf den Zeugen Bo zugegangen und hat diesen geschlagen. Dabei habe er den zur Abwehr erhobenen linken Unterarm des Zeugen getroffen, ihn jedoch nicht verletzt. Aufgrund des Schlages sei der Zeuge ins Stolpern geraten und rückwärts auf den gepflasterten Boden gefallen, wodurch er sich am rechten Ellenbogen eine schmerzhafte Schürfwunde zugezogen habe (UA S. 3). Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht. Wenngleich es sich bei der Metallstange um ein gefährliches Werkzeug handelt, genügt es nicht, wenn durch dessen Verwendung ein Kausalverlauf ausgelöst wird, der mittelbar zur Körperverletzung führt, sondern der Einsatz des gefährlichen Tatwerkzeuges muss den Erfolg unmittelbar bewirken [vgl. BGH NStZ 2010, 512, 513 und 2007, 405]. Vorliegend aber fehlt es an eben dieser unmittelbaren Einwirkung auf den Zeugen. Die körperliche Berührung wurde von dem Zeugen nicht als schmerzhaft empfunden und hatte nach den Feststellungen keinerlei unmittelbare gesundheitliche Beeinträchtigung zur Folge, sondern diese wurde erst durch die Abwehrbewegung und den anschließenden Sturz des Zeugen verursacht.“

    Das KG hebt somit das angefochtene Urteil auf. Eine Verurteilung wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung könne nicht bestehen bleiben.

    Zwar liegt in der Metallstange ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, allerdings hat er Einsatz dieses Werkzeugs nicht unmittelbar zur Körperverletzung geführt. Das somit das Erfordernis der Unmittelbarkeit nicht erfüllt ist, hat sich der Angeklagte nicht der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht.


  • Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten E. und A. wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

    Der Angeklagte Z. wurde wegen sexuelle Nötigung und unter Einbeziehung anderweitig verhängter Freiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Gegen das Urteil legten die Angeklagten Revisionen ein.

  • Wirtschaftsstrafrecht: Am Montag zum Prozessauftakt erschien der ehemalige BayernLB Vorstand Gerhard Gribkowsky sichtlich locker mit seinen drei Anwälten bzw. Strafverteidigern und erklärte sodann, dass er keine Aussage zur Sache machen werde.

    Ihm wird vorgeworfen, insgesamt 66 Millionen Dollar veruntreut zu haben, die an Bernie Ecclestone, dem Chef der Formel 1, gezahlt worden seien. Anders rum soll der Kopf der Formel 1 knapp 44 Millionen Dollar an die „Stiftung Sonnenschein“ überwiesen haben, welches Gribkowsky gehörte. Seit knapp einem dreiviertel Jahr befindet sich dieser in Untersuchungshaft und die Konten sind seitdem eingefroren.

  • BGH, Beschluss vom 09.11.2010, Az.: 3 StR 357/10

    Nach Feststellungen des Landgerichts zwangen den Zeuge H. und zwei Mittäter den Angeklagten mit ihnen in einen Wald zu fahren. Dabei hielten sie ihm Waffen vor. Im Wald drohten sie dem Angeklagten, ihn umzubringen. Sie schlugen auf ihn ein, so dass er zwei Zähne verlor. Anschließend zwang H. den Angeklagten, ihn oral zu befriedigen und ihm 20.000 Euro zu zahlen. Der Angeklagte erlitt durch das Geschehen Angstzustände.

    Einige Zeit später trafen der Angeklagte und H. zufällig aufeinander, wobei der Angeklagte ihn erkannte. Daher folgte er ihm in der Absicht ihn zu töten. Er hielt mit seinem Fahrzeug neben dem des H. an und schoss viermal auf den Hals- und Oberkörperbereich des in seinem Fahrzeug sitzenden Geschädigten H., der durch drei der Schüsse potentiell lebensbedrohliche Verletzungen erlitt. Der Angeklagte, der glaubte, den apathisch zusammengesackten Geschädigten getötet zu haben, fuhr mit quietschenden Reifen davon.

    Der Angeklagte gestand das Tatgeschehen. Allerdings sagte er abweichend von den Feststellungen aus, dass H. ihn auch erkannt und ihm gedroht habe. Dadurch habe er geglaubt, H. werde ihm etwas tun und deshalb habe er aus tiefer Verzweiflung den H. kampfunfähig machen wollen.
    Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten wegen versuchtenMordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus einem rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Die Revision hatte mit der ausgeführten Sachrüge (Darlegungsrüge) Erfolg und der BGH hat die Schuldfeststellungen aufgehoben, da das Landgericht Hannover wesentliche Teile der Zeugenaussagen und die darauf beruhender Beweiswürdigung dargelegt hat was zu einem Verstoß gegen § 261 StPO führt:

    „Das Landgericht hat seine Überzeugung, der Angeklagte habe den Geschädigten H. an der Kreuzung erkannt, während ihn dieser nicht gesehen habe, auf die gleichlautenden Aussagen der Zeugen H. und I. gestützt. Deren Glaubhaftigkeit hat es damit begründet, die Zeugen hätten ruhig und sachlich ohne Belastungstendenzen ausgesagt, Widersprüche zwischen ihren polizeilichen Aussagen und ihren Angaben in der Hauptverhandlung beträfen nur die Tatvorgeschichte und sie seien erkennbar bemüht gewesen, sich an Details zu erinnern; hinzu komme, dass die Aussagen der Zeugen H. und I. ihrerseits Unterstützung fänden in den Angaben der Zeugen Hi. , E. , B. , S. , He. , K. , So. und Sch. , soweit sie jeweils ihren eigenen Wahrnehmungen unterlagen, in den Ausführungen des Sachverständigen Dr. G. , in den in Augenschein genommenen Lichtbildern von den Fahrzeugen sowie in den aufgefundenen Spuren (Einschusslöcher, Glasbruchspuren, Anzahl und Lage der Patronenhülsen) und den weiteren ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen. Die Aussagen der Zeugen H. und I. würden auch nicht durch das Gutachten des Sachverständigen M. in Frage gestellt.“

    Weiter heisst es:

    „Das Landgericht ist indes auch zu dem Tatvorgeschehen den Angaben der Zeugen H. und I. gefolgt, dass sie den Angeklagten vor der Schussabgabe nicht bemerkt hätten; diese seien unter anderem deswegen glaubhaft, weil sie in Teilbereichen durch sonstige Beweisergebnisse bestätigt worden seien. Ob diese Überlegung des Landgerichts rechtsfehlerfrei ist, kann der Senat jedoch nicht überprüfen. Denn das Landgericht hat es unterlassen darzulegen, in welchen Punkten die weiteren Zeugen und sonstigen Beweismittel die Angaben der Zeugen H. und I. zum Tatvorgeschehen bestätigt haben bzw. zu einer derartigen Bestätigung überhaupt in der Lage gewesen sind. Das Urteil teilt das insoweit gewonnene Beweisergebnis nicht einmal in Ansätzen mit. Dies war hier aber unerlässlich. Denn auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann hierzu nichts hergeleitet werden; dieser spricht im Gegenteil dafür, dass die Aussagen der Zeugen H. und I. zum Tatvorgeschehen nicht durch weitere Beweisergebnisse bestätigt worden sind.“

    Das Landgericht hat sich bei seiner Entscheidung maßgeblich von den Aussagen des zentrale Zeugen leiten lassen. Diese wurde von weiteren Zeugen bestätigt. Dabei ist das Landgericht von der Glaubhaftigkeit der Zeugen ausgegangen. Allerdings ist es erforderlich, dass das Urteil diese Aussagen wiedergibt, sodass das Revisionsgericht sich ein Bild davon machen kann. Daher hat der BGH das Urteil des Landgerichts mit den Feststellungen aufgehoben.


  • Das Landgericht Erfurt hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte durch seine Strafverteidigung die Revision ein.

    Das Landgericht hat seine Entscheidung vor allem auf die Aussagen eines Zeugen gestützt. Dieser allerdings gab zunächst an, bei einem anderen bestellt zu haben und vom Angeklagten lediglich ab Ende 2006 mit Haschisch beliefert worden zu sein. Bei der polizeilichen Vernehmung hatte er angegeben, dass die Lieferungen erst im Sommer 2007 begonnen haben. Dabei hat er abwechselnd den anderen Zeugen sowie den Angeklagten als Lieferanten genannt.

  • Vor dem Schwurgericht Bonn muss sich ein 22-jähriger Paketfahrer wegen des Verdachts des Mordes verantworten. Ihm wird vorgeworfen in der Silvesternacht einen fremden Mann ohne Vorwarnung von hinten angegriffen zu haben. Dabei soll der alkoholisierte Angeklagte den 44-jährigen Lehrer geschlagen und getreten haben. Außerdem soll er ihm mit dem Tod gedroht haben, sofern er ihm nicht bestätige, er sei Gott oder „ein Meister“. Die Tat wurde von einer 16-jährigen Schülerin aus dem Fenster beobachtet. Der Angeklagte kann sich angeblich nicht mehr an das Geschehen erinnern.

  • Nachdem das Landgericht Kassel Anfang Juli einen Lehrer nachträglich freigesprochen hatte, droht der Belastungszeugin nun eine Verurteilung wegen Freiheitsberaubung. Die Frau hatte ihren Kollegen beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben.

    Der Mann war daraufhin zu einer 5-jährigen Haftstrafe verurteilt worden, die er auch vollständig verbüßte. Der Prozess wurde im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens neu aufgerollt und endete mit einem Freispruch, da das mutmaßliche Opfer sich nach Auffassung des Gerichts zu sehr in Lügen verstrickte. Gegen den Freispruch legte die Verteidigung der Frau Revision ein.

    Wegen der laufenden Ermittlungen gegen sie, darf die Frau bereits vorläufig nicht mehr unterrichten. Dies solle aber keine Schuldzuweisung darstellen, sondern vielmehr einen geregelten Unterrichtsgang ermöglichen, so die Sprecherin der Bezirksregierung. Das Medienchaos um die Frau mache dies aber unmöglich.

    ( Quelle: Spiegel online vom 04.08.2011 )


  • BGH, Beschluss vom 21.12.2010, Az.: 3 StR 401/10

    Das Landgericht Oldenburg hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen eingelegte Revision des Angeklagten hat Erfolg, das Urteil wurde aufgehoben und an das Landgericht zurückverwiesen.

    Der Angeklagte war nach Feststellungen des Landgerichts in die Wohnung der Geschädigten eingedrungen, welche als Prostituierte tätig war.  Dort soll er zweimal den vaginalen Geschlechtsverkehr erzwungen haben.
    Nach der Einlassung des Angeklagten hat dieser jedoch  für den Geschlechtsverkehr bezahlt und die Geschädigte sei damit einverstanden gewesen. Nach Ansicht des Gericht war seine Aussage jedoch widersprüchlich und durch die Aussagen mehrerer anderer Zeugen widerlegt. Die Geschädigte wurde aber nicht vernommen.

    Die Verteidigung des Angeklagten stellte einen Beweisantrag auf Vernehmung der Geschädigten, welche sich zu diesem Zeitpunkt in Litauen befand. Die Vernehmung wurde als nicht erforderlich angesehen und daher gemäß § 244 V 2 StPO abgelehnt.

    Dies beanstandet der Strafsenat des BGH:

    „Ob die Ladung und Vernehmung eines Auslandszeugen geboten ist, richtet sich somit nach der Aufklärungspflicht des Gerichts im Sinne des § 244 Abs. 2 StPO. Bei deren Prüfung hat der Tatrichter namentlich die Bedeutung und den Beweiswert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen.

    In diesem Rahmen ist er von dem sonst geltenden Verbot der Beweisantizipation befreit. Daher darf er prognostisch berücksichtigen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu würdigen wären.“

    Die Erwägungen des Gerichts müssen dabei im Beschluss nach § 244 VI StPO dargelegt werden. Dabei muss der wesentliche Kern der Entscheidung erkennbar sein, damit das Revisionsgericht die Entscheidung überprüfen kann.

    In der vorliegenden Entscheidung hat der BGH zutreffend ausgeführt, dass bereits diese Voraussetzung nicht
    erfüllt ist. Es läge nicht einmal eine ansatzweise nachvollziehbare Prognoseentscheidung über die Erforderlichkeit  der Aussage der Zeugin des Tatrichters vor.


  • Vor dem Landgericht Kiel wird ein Prozess um so genannte Rockerclubs geführt. Die vier Angeklagten rivalisierender Rockergruppen sollen im Jahre 2010 in einem Schnellrestaurant drei Rocker der „Gegnergruppe“ überfallen haben. Zwei der Opfer sollen die geradezu heiligen „Kutten“ verloren haben, eines der Opfer wurde durch den Überfall lebensgefährlich verletzt.
    Laut Verteidigung haben die Gegner ihre Rivalen gezielt provoziert und eine Falle in dem Schnellrestaurant, das als Treff der Angegriffenen gilt, gestellt. Zudem würden sich die Zeugenaussagen widersprechen und seien eklatante Ermittlungspannen aufgetreten. Daher forderte die Verteidigung Freisprüche.
    Dazu kam, dass keines der Opfer etwas zum Tathergang sagte. Dies resultiert wahrscheinlich aus dem üblichen Ehrenkodex zwischen Rockern.

    Die Staatsanwaltschaft hingegen forderte wegen erwiesener gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und Nötigung für zwei der Angeklagten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, beziehungsweise von zwei Jahren und neun Monaten.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt – online vom 08.04.2011 )

     

  • Nach einer zweiwöchigen Pause im Kachelmann-Prozess geht es nun weiter. In der Verhandlung erhob der Verteidiger von Kachelmann Johann Schwenn den Vorwurf der Zeugenbezahlung durch „Focus“ und „Bild am Sonntag“. Anfang März berichteten beide detaillierte über die angebliche Aussage der Schweizer Zeugin. Danach berichtete die Zeugin von angeblich brutalen Übergriffen durch Kachelmann. Die Vermutung des Verteidigers: Die Zeugin bekam Geld von den Blättern.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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