Der Widerruf einer Strafaussetzung (oder eine sonstige Reaktion) nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StGB wegen Nichtbeachtung einer gerichtlichen Weisung oder Auflage darf nur dann erfolgen, wenn die verletzte Bewährungsanordnung zulässig war.
Das Landgericht Zwickau verurteilte den Angeklagten in der Berufungsinstanz unter anderem wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Im April 2011 teilte die Bewährungshelferin dem Gericht mit, dass der Verurteilte nur noch sporadisch die Besprechungstermine wahrnehme. Das Gericht erteilte dem Verurteilten daraufhin eine weitere Auflage und zwar die Ableistung von 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit binnen vier Wochen. Eine weitere Begründung für die neue Auflage gab es nicht.
Von den Arbeitsleistungen leistete der Verurteilte lediglich 25 Stunden ab. Das Gericht widerrief im August die Strafaussetzung wegen des Auflagenverstoßes. Dagegen richtet sich die Strafverteidigung mit der sofortigen Beschwerde.
Das Oberlandesgericht Dresden (OLG Dresden) erkennt in der zweiten Auflage einen Verstoß gegen das Willkür- und Bestimmtheitsgebot. Es hätte ein Widerrufsgrund nach § 56f I StGB vorliegen müssen. Dabei ist hier schon fraglich, ob ein gröblicher und beharrlicher Verstoß vorlag. Auch kritisiert das OLG die mangelhafte Begründung bei der Erteilung der Arbeitsauflage:
Dem amtsgerichtlichen Beschluss, der allein aus dem einen Satz der Auflagenerteilung besteht, lässt sich hingegen keine Begründung für die Anordnung entnehmen. Auch anhand sonstiger Umstände ist nicht ersichtlich, nach welchen Erwägungen und auf welcher Rechtsgrundlage das Amtsgericht seine Anordnung getroffen hat. Weder ist nachvollziehbar, ob das Amtsgericht – dann allerdings zu Unrecht – vom Vorliegen eines Widerrufsgrundes ausgegangen ist, noch erschließt sich, nach welchen Erwägungen die erteilte Arbeitsauflage „ausreichend“ im Sinne des § 56f Abs. 2 StGB sein sollte.
Daher drängt sich dem Gericht der Verdacht auf, dass es eine versteckte Bestrafung für die nur sporadische Teilnahme an den Besprechungsterminen sein sollte:
Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Reaktion des Amtsgerichts allein als „Bestrafung“ für die zuvor berichtete schleppende Wahrnehmung der Besprechungstermine durch den Verurteilten bei der Bewährungshilfe erfolgt war. Dies wäre jedoch unzulässig, weil auch ein (durch die Maßnahme nach Abs. 2 vermiedener) Widerruf nicht der Bestrafung für Bewährungsversagen dient, sondern allein wegen erwiesener Fehlerhaftigkeit der Aussetzungsprognose als deren Korrektur ergeht.
Aus diesem Grund hob das OLG Dresden die erteilte Arbeitsauflage auf. Ebenfalls aufgehoben wird der Widerruf der Strafaussetzung. Die sofortige Beschwerde der Strafverteidigung hatte damit Erfolg.
OLG Dresden, Beschluss vom 7. September 2012, Az.: 2 Ws 401/12