Vergewaltigung

  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 026/2012 vom 20.02.2012

    Mit dem vorliegenden Beschluss bestätigt der BGH den Freispruch eines Lehrers vom Vorwurf der Vergewaltigung  einer Kollegin an der hessischen Gesamtschule.

    Pressemitteilung:

    Bundesgerichtshof bestätigt Freispruch eines Lehrers vom Vorwurf der Vergewaltigung

    Die Staatsanwaltschaft Darmstadt legte dem als Lehrer tätigen Angeklagten zur Last, am 28. August 2001 während einer Pause eine Kollegin im Biologie-Vorbereitungsraum einer hessischen Gesamtschule vergewaltigt und geschlagen zu haben.

    Der Angeklagte war zunächst durch Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2002 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Zugleich war seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 13. Dezember 2002 verworfen. Der Angeklagte verbüßte die Freiheitsstrafe nach Beendigung der Unterbringung vollständig. Auf seinen Antrag ordnete das hierfür zuständige Landgericht Kassel durch Beschluss vom 13. April 2011 die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an. Durch Urteil vom 5. Juli 2011 hob das Landgericht Kassel das Urteil des Landgerichts Darmstadt auf und sprach den Angeklagten frei. Das Landgericht gewann die Überzeugung, dass die angeklagte Tat sich nicht zugetragen hat und die entsprechenden Angaben der Nebenklägerin als falsch zu werten sind.

    Gegen diesen Freispruch richtete sich die Revision der Nebenklägerin, die eine Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend machte.

    Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 9. Februar 2012 die Revision verworfen, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler ergeben hat. Das freisprechende Urteil des Landgerichts Kassel ist damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 9. Februar 2012 – 2 StR 534/11

    Landgericht Kassel – Urteil vom 5. Juli 2011 – 1620 Js 16973/08 1 KLs

    Karlsruhe, den 26. Februar 2012

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
    76125 Karlsruhe
    Telefon (0721) 159-5013
    Telefax (0721) 159-5501


  • Vor dem Landgericht Frankenthal (Rheinland-Pfalz) muss sich ein 53-Jähriger Mann verantworten. schwerer sexuell Missbrauch von Kindern in elf Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen vorgeworfen.
    Im Prozess verweigerte der Angeklagte bisher jegliche Aussage. So kann der mutmaßlichen Opfern die Aussage nicht erspart bleiben. Diese werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen.
    Des Weiteren werden noch Gutachten zur Schuldfähigkeit und der Glaubwürdigkeit des Angeklagten erstellt.
    Mittlerweile sitzt der Mann nicht mehr in Untersuchungshaft. Er  wurde bereits vor einigen Jahren wegen versuchter Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt.

    Sofern der Angeklagte schuldfähig ist, droht ihm eine langjährige Freiheitsstrafe.

    ( Quelle: Wormser Zeitung online vom 10.01.2012 )


  • Das Landgericht Hamburg hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es ihn zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin in Höhe von 5.000 Euro verurteilt.

    Gegen das Urteil wendet sich die Strafverteidigung des Angeklagten mit seiner Revision.

  • In dem wegen 500-facher Vergewaltigung und Inzest angeklagten Prozess gegen Adolf B. ist es jetzt zu einem unerwarteten Urteil angekommen. Trotz der von der Staatsanwaltschaft umfangreich vorgetragenen Anklage wurde der 69-jährige Mann nun wegen unerlaubten Beischlafs innerhalb der Familie und wegen Nötigung zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten hingegen 14 Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert.

  • Im Januar 2008 wurde ein mittlerweile 41-jähriger Mann vor dem Amtsgericht Limburg wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
    Ihm wurde vorgeworfen eine Frau, zu der sich zuvor eine Liebesbeziehung entwickelt hatte, im Jahre 2006 vergewaltigt zu haben. Die Frau erstattete Anzeige, machte aber widersprüchliche Aussagen. Auch im Berufungsprozess vor dem Landgericht wurde er verurteilt, allerdings „nur“ zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

    Gegen diese Entscheidung wendete sich die Strafverteidigung des Mannes mit der Revision. Das Oberlandesgericht verwies die Sache nach zwei Jahren zurück an das Landgericht.
    Das Landgericht urteile jetzt anders. Das Tatgeschehen könne insbesondere wegen der widersprüchlichen Aussagen des mutmaßlichen Opfers nicht mehr rekonstruiert werden. Auch Ärzte hatten damals kurz nach der vermeintlichen Tat keine Anzeichen einer Vergewaltigung feststellen können.

    Daher endete das Verfahren jetzt mit einem Freispruch.

    ( Quelle: Nassauische Neue Presse online vom 16.12.2011 )


  • Das Landgericht Wuppertal hat den Angeklagten wegen sexuelle Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihn im Übrigen vom weiteren Vorwurf der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in 67 Fällen freigesprochen. Es hat festgestellt, dass zwei Monate als vollstreckt gelten. Außerdem hat es den Angeklagten im Adhäsionsverfahren zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin verurteilt.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Dazu stellte der BGH fest, dass es in einigen Fällen der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern an der Anklageerhebung und daher auch am Eröffnungsbeschluss fehlt.

  • BGH, Urteil vom 04.08.2011, Az.: 3 StR 175/11

    Nach den Feststellungen des Landgerichts Aurich zwang der Angeklagte die Nebenklägerin im Mai 2009 durch erhebliche, zum Verlust von Zähnen führende Gewalt zuerst zum Oralverkehr und sodann zum Geschlechtsverkehr.

    Nach einer Trennung „passte“ der Angeklagte sie Ende Mai / Anfang Juni in den Abendstunden auf einem Spaziergang „ab“ und zwang sie unter Todesdrohungen und Einsatz einfacher körperlicher Gewalt in einem Waldstück erneut zum Geschlechtsverkehr.

    Im Juli 2010 überraschte der Angeklagte die Nebenklägerin erneut auf einem Abendspaziergang. Er zwang sie, indem er sie bis zur Luftnot würgte und mit dem Tod bedrohte, zur Herausgabe ihres Mobiltelefons und verbrachte sie auf den Rücksitz ihres Autos. Im Anschluss daran fuhr der Angeklagte mit ihr zu seiner Wohnung. Dort schlug er sie mehrfach ins Gesicht, zerrte an ihren Haaren, riss ihren Kopf nach hinten und nötigte sie damit zum Oralverkehr. Sodann zwang er sie mit weiteren Schlägen, sich auszuziehen und sich selbst zu befriedigen, was der Angeklagte mit einer Kamera filmte. Danach nötigte er die Nebenklägerin mit Gewalt insgesamt zweimal zum Geschlechtsverkehr.

    Das Landgericht Aurich hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Bedrohung zum Nachteil seiner früheren Lebensgefährtin verurteilt. Es wurden Einzelstrafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs Monaten, neun Monaten sowie von sechs Jahren verhängt und daraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten gebildet.

    Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hat das Gericht abgesehen und dazu ausgeführt:

    „Es bestehe aufgrund der dissozialen Persönlichkeitsstörung des Angeklagten zwar eine eher hohe Rückfallgefahr, indes könne bei dem Angeklagten ein Hang zu erheblichen Straftaten (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF) nicht festgestellt werden. Die dissoziale Persönlichkeitsstörung weise keine sadistischen Anteile auf; die Merkmale der „Psychopathy“ seien nur im „unteren Bereich“ zu bejahen; antisoziale Denkstile seien beim Angeklagten nicht festzustellen; eine progrediente Entwicklung der Straftaten sei nicht zu erkennen; zwischen den früheren Straftaten lägen teilweise lange Zeitabschnitte; es könne „bei keiner der Vergewaltigungstaten festgestellt werden, dass der Angeklagte nicht lediglichsich ihm bietende Gelegenheiten zu sexuellen Handlungen wahrgenommen“ habe.

    Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Das Angriffsziel war durch den BGH durch Auslegung zu ermitteln, da sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung widersprachen. Der BGH hat die Revision auf die Nichtanordnung der Maßregel der Sicherungsverwahrung beschränkt.

    Dazu führte der BGH aus:

    „Die Begründung, mit der das Landgericht beim Angeklagten einen Hang zu erheblichen Straftaten verneint hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie geht in Teilen von falschen Maßstäben aus oder steht im Widerspruch zu den Feststellungen.

    Das Landgericht hat das Fehlen sadistischer Anteile in der Persönlichkeitsstörung des Angeklagten fehlerhaft bewertet. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1979 – 3 StR 436/79, NJW 1980, 1055 mwN). Ein Hang zur Begehung von erheblichen, gewalttätigen Sexualdelikten kann auch dann vorliegen, wenn der Täter in der Verletzung oder Demütigung seines Opfers nicht die hauptsächliche Quelle der Erregung oder der Befriedigung findet (vgl. zum Sadismus Elsner/Leygraf in Kröber u.a., Handbuch der forensischen Psychiatrie Bd. 2, 1. Aufl., S. 472, 485).“

    „Die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt worden ist, führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruches. Denn es lässt sich nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht zugleich auf Sicherungsverwahrung erkannt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1979 – 3 StR 436/79, NJW 1980, 1055 mwN; Urteil vom 3. Februar 2011 – 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172).“

    Damit bewertet der BGH die Entscheidung des Landgerichts Ausrich bezüglich der Sicherungsverwahrung als fehlerhaft.

    Allerdings hat der Senat auf die Neuregelung der Sicherungsverwahrung hingewiesen:

    „Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a., NJW 2011, 1931) sind u.a. die hier anzuwendenden Bestimmungen über die Sicherungsverwahrung als mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat aber angeordnet, dass die Vorschriften bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber – längstens bis 31. Mai 2013 – nach Maßgabe der Gründe seiner Entscheidung weiter anwendbar bleiben. Danach bedarf es wegen der derzeit verfassungswidrigen Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung einer „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“, wenn sie gleichwohl angeordnet werden soll. In der Regel wird die Anordnung nur verhältnismäßig sein, wenn „eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist“ (BVerfG aaO Rn. 172).

    Der Senat versteht die vom Bundesverfassungsgericht geforderte „strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung“ dahin, dass bei beiden Elementen der Gefährlichkeit – mithin der Erheblichkeit weiterer Straftaten und der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 – 4 StR 164/11) – ein gegenüber der bisherigen Rechtsanwendung strengerer Maßstab anzulegen ist.

    Hierzu im Einzelnen:

    (1) Hinsichtlich der Erheblichkeit weiterer Straftaten kommen regelmäßig nur „schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten“ in Betracht. Hierin liegt, ansonsten wäre die genannte Maßgabe ohne Inhalt, eine Einschränkung gegenüber den Taten, die nach bisher geltendem Recht Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung darstellen. Dies gilt sowohl für die Straftatenkataloge als auch für die Beschreibung der Taten, auf die sich der Hang beziehen muss. Nicht alle „erheblichen Straftaten“, durch welche die Opfer „seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden“ (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF bzw. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB), sind auch „schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten“ im Sinne der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Weitergeltung von § 66 StGB.

    Nach Ansicht des Senats sind Vergewaltigungen (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) wegen der dafür im Regelfall angedrohten Mindeststrafe von zwei Jahren sowie der für die Tatopfer damit regelmäßig verbundenen psychischen Auswirkungen grundsätzlich als „schwere Sexualstraftaten“ im vorstehenden Sinn anzusehen.

    (2) Die Wahrscheinlichkeit der Begehung solcher Taten muss „aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten“ sein. Auch dies stellt höhere Anforderungen als die bislang vom Gesetz als Beurteilungsgrundlage für die Gefährlichkeitsprognose geforderte „Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten“. Das Landgericht hat – aus seiner Sicht folgerichtig – zur Gefahrenprognose lediglich ausgeführt, die Rückfallgefahr sei „eher hoch“ und die Gefährlichkeit des Angeklagten würde „bejaht“. Solche verkürzten Darlegungen würden selbst den hergebrachten Anforderungen nicht genügen. Der neue Tatrichter wird ggf. die Gefährlichkeit aus konkreten Umständen herleiten und sich dabei insbesondere damit auseinandersetzen müssen, dass die Taten des Angeklagten aus dem situativen Zusammenhang einer Beziehungskrise begangen worden und zwischen den abgeurteilten Taten und den früheren Vergewaltigungen Zeiträume von fünfeinhalb bzw. 19 Jahre verstrichen sind.

    b) Die Anordnung der Sicherungsverwahrung könnte, sofern der neue Tatrichter einen Hang zu erheblichen Straftaten und eine auf ihm beruhende Gefährlichkeit des Angeklagten bejahen sollte, nur auf § 66 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 2 StGB aF gestützt werden. § 66 Abs. 1 StGB aF kommt als Grundlage dafür nicht in Betracht, da die Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung aus dem Jahr 1985 auf Grund der eingetretenen „Rückfallverjährung“ (§ 66 Abs. 4 Satz 3 StGB aF) als Vorverurteilung ausscheidet und deshalb die formelle Voraussetzung einer zweiten Vorstrafe fehlt.

    c) Die Anordnung läge sodann im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Dieser soll die Möglichkeit haben, sich ungeachtet der festgestellten hangbedingten Gefährlichkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich der Täter schon die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Damit wird dem Ausnahmecharakter der Vorschrift Rechnung getragen, der sich daraus ergibt, dass § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB – im Gegensatz zu Absatz 1 der Vorschrift – eine frühere Verurteilung und eine frühere Strafverbüßung des Täters nicht voraussetzen. Die maßgeblichen Gründe für seine Ermessensentscheidung muss der Tatrichter nachvollziehbar darlegen, um dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Ermessensentscheidung zu ermöglichen (Urteil vom 3. Februar 2011 – 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172 mwN).“

    Somit wird das Urteil des Landgerichts Aurich mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Strafkammer hat bei der Entscheidung insbesondere den strengeren Maßstab der Sicherungsverwahrung zu beachten.


  • Vor dem Amtsgericht Emmendingen (Baden-Württemberg) musste sich ein 47-jähriger Mann verantworten. Ihm wurde fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr vorgeworfen.
    Der Mann sei im Mai mit ca. zwei Promille noch Auto gefahren; laut Sachverständigen könnten es sogar 3 Promille gewesen sein. Zudem hatte er seit April keinen Führerschein mehr. Sein Mitbewohner hat ihn nach der Tat bei der Polizei angezeigt.
    Im Prozess verwickelten sich die Zeugen, welche alle aus dem näheren Wohnumfeld des Angeklagten stammen, in Widersprüche. Es wurde nicht deutlich wer etwas gesehen oder gehört hatte. Letztlich wurde wohl nur geschlussfolgert, dass der Angeklagte betrunken gewesen sei.
    Der Richter fragte die Zeugen nachdrücklich, ob es eventuell zu Absprachen zwischen den Nachbarn kam, um die alkoholisierten Fahrten des Angeklagten zu unterbinden.
    Ein Zeuge sagte daraufhin aus, dass es Absprachen gab, um den Angeklagten vor Gericht zu bringen und vielleicht hinter Gittern. Er habe seine Freundin geschlagen und eventuell sogar vergewaltigt. Die Frau hätte allerdings nicht die Kraft gehabt, den Mann anzuzeigen.
    Strafverteidiger und Staatsanwaltschaft sahen die Tat als bestätigt an und forderten eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Bei der Tagessatzhöhe gingen die Anträge aber auseinander. Der Verteidiger forderte eine Tagessatzhöhe von 5 Euro, also insgesamt 300 Euro. Die Staatsanwaltschaft forderte das Doppelte.

    Das Gericht entsprach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro. Auf seinen Führerschein muss der Mann noch mindestens vier Monate verzichten.

    ( Quelle: Badische Zeitung online vom 04.11.2011 )


  • Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten E. und A. wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

    Der Angeklagte Z. wurde wegen sexuelle Nötigung und unter Einbeziehung anderweitig verhängter Freiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Gegen das Urteil legten die Angeklagten Revisionen ein.

  • BGH, Beschluss vom 05.07.2011, Az.: 3 StR 188/11

    Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung und Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, welche sich gegen die Strafhöhe und den Schuldspruch richtete. Auf die Revision hatte der Senat dieses Urteil in den Aussprüchen über die Einzelstrafe wegen besonders schwerer Vergewaltigung sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben, die zugehörigen Feststellungen und den Schuldspruch jedoch aufrechterhalten.

    In der neuen Hauptverhandlung hat das Landgericht – unter Einbeziehung zweier Geldstrafen aus Strafbefehlen des Amtsgerichts Hannover – eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren ausgesprochen. Dagegen wiederum wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

    Diese hat Erfolg. In der Begründung schloss sich der BGH der Antragsschrift des Generalbundesanwalt an:

    „Nach den Feststellungen (UA S. 4) wurde der Angeklagte am 7. August 2009 durch das Amtsgericht Hannover wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Zudem erließ das Amtsgericht Hannover gegen ihn am 2. Dezember 2009 einen Strafbefehl wegen Erschleichens von Leistungen über 45 Tagessätze zu je 10 Euro. Beide Geldstrafen sind nach Darstellung des Landgerichts bereits vollständig vollstreckt (UA aaO). Ob diese Strafen im Rahmen der Gesamtstrafenbildung einzubeziehen waren, kann der Senat anhand der Urteilsgründe nicht feststellen, weil die Strafkammer weder den Zeitpunkt der den Verurteilungen zu Grunde liegenden Taten noch denjenigen ihrer Erledigung mitgeteilt hat, was zu einer Beurteilung des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen einer Einbeziehung notwendig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2000 – 5 StR 280/00 und vom 13. November 2007 – 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72). Eine nach Erlass des ersten Urteils erfolgte Erledigung stünde – wie das Landgericht möglicherweise rechtsirrig angenommen hat – einer Einbeziehung der Strafen nicht entgegen, zumal im Falle einer Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht die Gesamtstrafenbildung in der neuen Verhandlung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der früheren tatrichterlichen Verhandlung – hier also am 12. Oktober 2009 – vorzunehmen ist (st. Rspr. – etwa BGH, Beschluss vom 2. Mai 1989 – 1 StR 213/89, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1; Beschluss vom 21. August 2001 – 5 StR 291/01, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 2; Beschluss vom 13. November 2007 – 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72 f.; Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 5 StR 459/09, NStZ-RR 2010, 106 f.; Beschluss vom 8. Oktober 2010 – 3 StR 368/10, Rdnr. 2; Beschluss vom 3. Mai 2011 – 3 StR 110/11, Rdnr. 6). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Verurteilung vom 7. August 2009 Zäsurwirkung hinsichtlich solcher Straftaten entfaltet, die – wie die verfahrensgegenständlichen Taten – zeitlich vor dem Erlass dieser Entscheidung lagen, war das Urteil im Gesamtstrafenausspruch aufzuheben. Denn im Falle einer Zäsurwirkung jener Entscheidung hätten die beiden Geldstrafen aus den Strafbefehlen des Amtsgerichts Hannover vom 2. Juni 2010 und 21. Juli 2010 … nicht mit in die Gesamtstrafenbildung einbezogen werden dürfen.“

    Die  hier erfolgte Einbeziehung der Geldstrafen aus den Strafbefehlen in die Gesamtfreiheitsstrafe kann das Strafübel insgesamt verschärfen und so den Angeklagten beschweren.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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